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Nachträge: Vereinbarung üblicher Vergütung?

07.10.2021

von RA Michael Seitz

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auftragnehmers, wonach er nach seiner Wahl berechtigt ist, für die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Leistungen die übliche Vergütung zu verlangen, ist weder intransparent noch benachteiligt sie den Auftraggeber unangemessen.

Dies hat das OLG Dresden in einem Urteil vom 11.11.2020 (Az.: 1 U 722/20) entschieden.

Der Fall: AN führt für AG Bauleistungen aus. Grundlage ist ein Pauschalpreisvertrag, dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der AN dem AG gestellt hat. Nach diesen AGB hat AN die Wahl, ob er zusätzliche oder geänderte Leistungen nach der gesetzlichen Regelung (tatsächlich erforderliche Kosten zzgl. angemessener Zuschläge) oder nach der üblichen Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB abrechnen will. Später kündigt AN den Bauvertrag und verlangt Restwerklohn, u. a. auch für Nachtragsleistungen, wobei er die übliche Vergütung zugrunde legt. AG ist der Meinung, die Klausel sei intransparent und benachteilige ihn einseitig, sie sei deshalb insbesondere in einem Pauschalvertrag unwirksam.

Das Urteil: Das OLG Dresden ist anderer Meinung! Zunächst einmal sei eine Regelung über Nachtragsvergütung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftragnehmers nicht bereits deshalb unwirksam, weil es sich um einen Pauschalpreisvertrag handelt. Auch in einem solchen Vertrag – der zudem hier die pauschal abgegoltenen Leistungen sehr eingehend beschrieb – sind Nachträge sehr wohl denkbar. Auch das Recht des AN, für die Nachtragsleistungen die übliche Vergütung zu verlangen, verstoße nicht gegen wesentliche Grundgedanken des Gesetzes. Hätten die Parteien eine Nachtragsvereinbarung einschließlich einer Preisvereinbarung geschlossen, so wäre auch eine Vereinbarung über den Preis getroffen, sodass AN die übliche Vergütung nicht mehr abrechnen kann. Im Übrigen entspreche es aber gerade der gesetzlich vorgesehenen Regelung in § 632 BGB, dass für Werkleistungen in Ermangelung einer Preisabsprache die übliche Vergütung verlangt werden könne. Das gelte auch für Nachträge.

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Fazit: Die Frage, wie Nachträge – zumal in einem Pauschalpreisvertrag – zu berechnen sind, ist hoch streitig. Bis vor kurzer Zeit galt hier noch die Korbion´sche Formel „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis“. Dem hat der BGH nun eine Absage erteilt und geht davon aus, dass für die Berechnung der Nachtragsvergütung die tatsächlich erforderlichen Kosten zzgl. angemessener Zuschläge maßgebend sind. Welche Parameter allerdings in die Berechnung der tatsächlich erforderlichen Kosten eingehen, ist noch immer weitgehend unklar. Vor diesem Hintergrund ist es nur zu verständlich, dass AN sich ein Wahlrecht vorbehält, auch die übliche Vergütung zu verlangen, die dann durch einen Sachverständigen festgestellt werden kann. Damit entzieht sich AN der u. U. schwierigen Berechnung etwaiger Nachträge. Dem OLG Dresden ist auch darin Recht zu geben, dass dies gerade der Gesetzeslage in § 632 Abs. 2 BGB entspricht. Der Haken ist leider nur: In der Regel stellt nicht der Auftragnehmer, sondern vielmehr der Auftraggeber die Vertragsbedingungen. In Vertragsbedingungen eines Auftraggebers wird sich aber eine solche Klausel kaum je finden.

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