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Nachtrag: Urkalkulation unergiebig; übliche Preise?

22.09.2016

von RA Michael Seitz

Ordnet AG eine geänderte oder zusätzliche Leistung an, so hat AN einen Anspruch auf Mehrvergütung auch dann, wenn keine Vereinbarung über den Preis der geänderten oder zusätzlichen Leistung getroffen wurde. Deren Höhe ist dann aus der Urkalkulation abzuleiten. Finden sich in der Urkalkulation keine hinreichenden Bezugspunkt für die Ermittlung der zusätzlichen Vergütung, ist diese nach üblichen Preisen zu bestimmen.

Das hat das Kammergericht in einem Urteil vom 17.12.2013 (AZ: 7 U 203/12) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH mit Beschluss vom 27.04.2016 (AZ: VII ZR 24/14) zurückgewiesen.

Der Fall: AN führt Autobahnbauarbeiten für AG aus. Die Straßenverkehrsbehörde ordnet u.a. zusätzliche Verkehrssicherungsleistungen an, die nicht im Ursprungsauftrag enthalten und folglich auch nicht kalkuliert sind. AG zeigt die zu erwartenden Mehrkosten schriftlich an, zu einer Einigung über die Höhe des Nachtrages kommt es nicht. Mit seiner Schlussrechnung verlangt AN für die zusätzliche Verkehrssicherung eine Vergütung von 53.000,00 € auf Basis einer Nachunternehmerrechnung. AG zahlt nicht, AN erhebt Klage.

Das Urteil: Mit Erfolg! Das Kammergericht stellt zunächst fest, dass es sich bei der verkehrsrechtlichen Anordnung der Straßenverkehrsbehörde um eine Anordnung des AG handelt, der AN Folge zu leisten hatte. Dass AG und AN sich im Vorfeld nicht auf einen Preis einigten, steht dem Vergütungsanspruch des AN nicht entgegen. In einem solchen Fall sei die Vergütung nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung, also aus der Urkalkulation zu ermitteln. Findet sich allerdings in der Urkalkulation kein hinreichender Bezugspunkt für die zusätzliche Leistung, so sei die Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB nach den üblichen Preisen zu bestimmen. Um diesen üblichen Preis zu bestimmen, nimmt das Kammergericht auf die Nachunternehmerrechnung für die zusätzliche Verkehrssicherung Bezug.

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Fazit: Im Ergebnis ist die Entscheidung aus der Sicht eines Unternehmers sicher zu begrüßen. Die Herleitung des Preises für eine zusätzliche Leistung aus der Urkalkulation ist oft außerordentlich schwierig. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine gänzlich andere Leistung handelt, die also in der Urkalkulation nicht vorhanden war und folglich auch nicht verpreist werden konnte. In einem solchen Fall auf die immerhin gesetzlich vorgesehene Regelung des § 632 Abs. 2 BGB (übliche Vergütung) zurückzugreifen, erscheint sachgerecht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die übliche Vergütung allerdings diejenige Vergütung, die z.Zt. des Vertragsschlusses am Ort der Werkleistung bezahlt zu werden pflegt. Vergleichsmaßstab sind dabei Leistungen gleicher Art und Güte und gleichen Umfanges. Diesen Maßstab wendet das Kammergericht hier allerdings nicht an, sondern stellt auf das Angebot des Nachunternehmers und damit auf eine „Ist-Kostenerstattung“ ab. Dabei lässt es das Kammergericht auch offen, ob die kalkulierten Zuschläge (AGK, BGK, Wagnis und Gewinn) ebenfalls zu berücksichtigen sind. Dies geschah hier offenbar deshalb, weil AN sie gar nicht geltend gemacht hatte.

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