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Nachtrag trotz Zurückweisung?

10.11.2016

von RA Michael Seitz

Eine Änderung des Bauentwurfs bzw. eine Anordnung des Auftraggebers im Sinne von § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 5 VOB/B liegt auch dann vor, wenn der Auftraggeber die Mehrkostenanmeldung des Auftragnehmers zurückweist, jedoch gleichwohl die Ausführung der geänderten Leistung verlangt.

Dies hat das Kammergericht in einem Urteil vom 17.12.2013 (Az.: 7 U 203/12) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 27.04.2016 (VII ZR 24/14) zurückgewiesen.

Der Fall: AG, ein öffentlicher Auftraggeber, beauftragt AN mit Straßenbauarbeiten. Im Rahmen der Bauarbeiten weist AN den AG darauf hin, dass für die Rohrbettung der Entwässerungsleitungen aus statischen Gründen Beton der Druckfestigkeitsklasse C 16/20 anstelle der ausgeschriebenen Druckfestigkeits-klasse C 12/15 verwendet werden muss. AN meldet hierfür Mehrkosten an. AG widerspricht der Mehrkostenanzeige, lässt die von AN zum Beleg seines Hinweises vorgelegte Statik aber prüfen. Sodann teilt der Bauleiter des AG dem AN schriftlich mit, dass zur Vermeidung von Verzögerungen im Bauablauf die Ausführung des Betons in der Druckfestigkeitsklasse C 16/20 erfolgen soll. AN führt die Leistung aus und verlangt hierfür zusätzliche Vergütung. AG zahlt nicht, AN erhebt Klage.

Das Urteil: Das Kammergericht gibt dem AN Recht! Die Mitteilung des Bauleiters von AG, den Beton in der Druckfestigkeitsklasse C 16/20 auszuführen, stellt eine dem AG zuzurechnende Änderung des Bauentwurfs dar. Die von AN vorgelegte Statik hatte AG nicht beanstandet. Das Argument des AG, die ausgeschriebene Konstruktion sei üblich und ausreichend, lässt das Kammergericht nicht gelten. In der Äußerung des Bauleiters des AG sei eine wirksame Änderung des Bauentwurfs zu sehen. Ebenso wenig steht dem Anspruch des AN auf zusätzliche Vergütung entgegen, dass die Parteien keine Preisvereinbarung getroffen haben, sondern die Mehrkostenforderung von AG zunächst zurückgewiesen wurde. Verlangt AN hinreichend deutlich einen neuen Preis für die geänderte Leistung, so gilt der alte Preis nicht mehr. Vielmehr ist der Preis dann den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen, ggf. durch das Gericht. Den ausgeurteilten Betrag hatte das Gericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien und der von Ihnen eingereichten Unterlagen bestimmt.

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Fazit: Ordnet der Auftraggeber eine geänderte oder zusätzliche Leistung an (§ 1 Abs. 3 VOB/B) so entsteht gleichsam „automatisch“ ein Mehrvergütungsanspruch für AN (§ 2 Abs. 5 VOB/B). Der Höhe nach ist dieser aus der Urkalkulation des AN abzuleiten. Dies kann im Streitfall auch das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen tun. Daher ist vor der Ausführung auch keine Einigung über den Preis erforderlich, AN darf seine Leistung deshalb auch nicht einstellen, und zwar selbst dann nicht, wenn AG den Mehrvergütungsanspruch zurückweist. Da der Anspruch dem Grunde nach bei einer Änderung des Bauentwurfs besteht, kann die Höhe des Anspruchs hinterher objektiv bestimmt werden. Etwas anderes würde allerdings dann gelten, wenn AG von vornherein bestreitet, dass es sich hier um eine Änderung des Bauentwurfs handelt oder wenn er Verhandlungen darüber ablehnt und von vornherein erklärt, er werde diese Leistung nicht bezahlen.

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