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Nachtragsleistung entgegengenommen: Preis akzeptiert

10.09.2013

Werden zusätzliche Leistungen in einem Nachtrag angeboten und
dann mit Willen des Auftraggebers auch ausgeführt, so liegt darin eine
stillschweigende Annahme des Nachtragsangebots.


Dies hat das OLG Koblenz in einem Urteil vom 28.02.2011 (Az.: 12 U 1543/07)
entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit
Beschluss vom 21.02.2013 (Az.: 7 ZR 72/11) zurückgewiesen.

Der Fall: AG errichtet Windparkanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Er beauf-tragt AN mit Erschließungs-, Wegebau- und Kabelverlegungsarbeiten. Über verschiedene Leistungen legen die Parteien im Vorhinein Preise fest. Auf Basis dieser Preisfestlegung bietet AN AG schließlich 36 Nachtragspositionen schriftlich an. Sowohl für den Ursprungsauftrag als auch für die Nachträge wird die VOB/B zugrunde gelegt. Sodann geraten AG und AN in Streit und es kommt zur Vertragskündigung. AG nimmt die im Wesentlichen mängelfreien Leistungen des AN ab.

AN rechnet nun auch die Nachtragspositionen ab, AG weigert sich jedoch zu zahlen. AN erhebt Klage. AG bestreitet, dass er die Nachtragsleistungen in Auftrag gegeben habe und vertritt hinsichtlich der Einheitspreise die Auffassung, dass diese sich nach § 2 Nr. 6 VOB/B richten müssten und daher aus der Urkalkulation des AN zu entwickeln seien, wozu AN jedoch nicht vorgetragen habe.

Das Urteil: Während AN vor dem Landgericht noch überwiegend unterliegt, hat seine Berufung überwiegend Erfolg. Das OLG verurteilt AG weitgehend zur Zahlung der Nachtragspositionen. Die Nachträge seien mit den von AN aufgrund der Preisfestlegung angebotenen Einheitspreisen vereinbart. Werden zusätzliche Leistungen in einem Nachtrag angeboten und dann mit dem Willen des Auftraggebers auch ausgeführt, so ist darin eine stillschweigende Annahme des Nachtragsangebots einschließlich der Preise zu sehen. Zudem hatte sich AN hier bei seinen Nachträgen auf eine gemeinsame Preisfestlegung berufen. Beide Parteien waren Vollkaufleute, daher seien die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens anzuwenden. AG hätte den Nachtragsangeboten und den darin enthalten Preisen unverzüglich widersprechen müssen, wäre er mit ihnen nicht einverstanden gewesen. Dies tat AG jedoch nicht. Auch wenn sich AN nicht auf eine bereits zuvor bestehende Preisabsprache berufen hätte, wäre dies wegen der zwischen den Parteien bestehenden Kooperationspflicht nötig gewesen. Zudem gelangten die Nachtragsangebote mit dem Willen des Auftraggebers auch tatsächlich zur Ausführung. Sie seien daher mit den in den Angeboten enthaltenen Einheitspreisen abzurechnen. AG muss sich diese zurechnen lassen und kann sich nicht darauf berufen, ein Nachtragsauftrag sei ausdrücklich überhaupt nicht erteilt worden.

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RA Michael Seitz

Fazit: Diese Entscheidung ist sehr zu begrüßen, denn sie räumt mit der Unsitte von Auftraggebern auf, zunächst erbrachte - möglicherweise sogar notwendige - Leistungen entgegenzunehmen, um anschließend die Beauftragung der in den entsprechenden Nachträgen geforderten Preise zu bestreiten. Besonders unter Kaufleuten ist daher dem Auftragnehmer stets anzuraten, einen bepreisten Nachtrag dem Bauherrn (und nicht etwa seinem Architekten!) zu übersenden. Beanstandet der Bauherr diesen Nachtrag nicht und tritt er seiner Ausführung auch nicht entgegen, so dürfte regelmäßig stillschweigend eine Nachtragsbeauftragung zustande gekommen sein. Dennoch ist der Grat zwischen einer stillschweigenden Beauftragung und einer bloß passiven Hinnahme der Leistungsausführung schmal und lässt dem erkennenden Richter viel Spielraum.

 

  Quelle: RA Michael Seitz


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