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Nachtragsvereinbarung: Verbraucher hat Widerrufsrecht!

24.08.2023

Nachtragsvereinbarungen über zusätzliche Leistungen sind rechtlich selbstständige Werkverträge mit der Folge, dass ein Verbraucher die Nachtragsvereinbarung widerrufen kann, wenn er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wird. Dies hat das OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 14.04.2023 (Az.: 8 U 17/23) entschieden.

 

Michael Seitz Porträtfoto

 

Der Fall: AN erbringt Bauleistung für den Verbraucherbauherrn AG. Im Rahmen dieses Auftrags erteilt AG dem AN mündlich auf der Baustelle drei weitere Aufträge mit einem Volumen zwischen 700,00 und 7.000,00 Euro. AN belehrt den AG hinsichtlich dieser Aufträge nicht über sein Widerrufsrecht. Später streiten die Parteien und AG widerruft die drei Aufträge und fordert die Abschlagszahlungen zurück, während AN widerklagend Restwerklohn fordert. Das Landgericht gibt der Rückzahlungsklage statt und weist die Widerklage ab. AN legt Berufung ein.

Die Entscheidung: Ohne Erfolg! Das OLG entscheidet durch einstimmigen Beschluss, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die drei Nachtragsaufträge sind nach Auffassung des OLG allesamt eigenständige Bauverträge, die zudem mündlich auf der Baustelle geschlossen worden. Daher steht dem Verbraucher AG gemäß § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 312g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist war auch nicht abgelaufen, AN hatte AG auch nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. Daher erhält AN weder Vergütung noch Wertersatz! Auch die Tatsache, dass es sich hier um Nachtragsvereinbarung zu einem bestehenden Vertrag handelt, ändert daran nach Auffassung des OLG nichts. Auch in solchen Fällen bleibe es dabei, dass die Nachtragsvereinbarung einen eigenständigen Vertrag darstellt, der auch eigenständig widerrufen werden kann.

Fazit: Achtung bei Nachtragsvereinbarungen auf der Baustelle! Selbst wenn es sich bei dem ursprünglichen Vertrag beispielsweise um einen Verbraucherbauvertrag gemäß
§ 650i BGB handelt, bei dem der AG auch ordnungsgemäß belehrt wurde, ist dennoch für Nachtragsvereinbarungen eine eigene Widerrufsbelehrung erforderlich! Es handelt sich nämlich in diesem Fall um eigenständige Verträge, die durch Angebot und Annahme zustande kommen, deshalb gilt auch das Widerrufsrecht. Das müssen Bauunternehmer unbedingt beachten, wenn sie nicht leer ausgehen wollen! Anders liegt es übrigens, wenn der Verbraucherbauherr gemäß § 650b Abs. 2 BGB eine einseitige Änderungsanordnung trifft. Dann wird die Nachtragsleistung innerhalb des bereits bestehenden Vertrages erbracht und eine Widerrufsbelehrung ist nicht erforderlich.

  Quelle: Anwalt Seitz


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