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Nachunternehmererklärungen für externe Prüfleistungen?

28.12.2012

Das OLG München hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2012 – Verg 16/12 – folgendes entschieden:

Ein Angebot darf nur dann wegen fehlender Erklärungen ausgeschlossen
werden, wenn der öffentliche Auftraggeber die Vorlage der betreffenden
Erklärung eindeutig und unmissverständlich gefordert hat.


Externe Prüfleistungen stellen oft lediglich Hilfsleistungen dar und sind in
diesen Fällen nicht als Nachunternehmerleistungen zu qualifizieren.


Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Errichtung eines Brückenbauwerks europaweit im Offenen Verfahren nach VOB/A ausgeschrieben. In den Vergabeunterlagen wurde die Einreichung der Formulare 235 EG (Verzeichnis der Unternehmerleistungen) und 236 EG (Verpflichtungserklärung Teilleistungen durch andere Unternehmen) gefordert. Ausgeschrieben waren u. a. die Erbringung von Laborleistungen zur Überprüfung der Betonqualität sowie die Überwachung des Einbaus des Betons durch eine vom AG anerkannte Prüfstelle. Bieter A benannte für die vorgenannten Leistungen Unternehmen entsprechend der Formblätter, während der für den Zuschlag vorgesehene Bieter B dies unterließ. A rügte, dass das Angebot des B unvollständig sei und ausgeschlossen werden müsse.

Das OLG hält den Nachprüfungsantrag für nicht begründet und führt u. a. aus: Soweit Prüfleistungen ausgeschrieben werden, die nur von allgemein anerkannten und zertifizierten Prüfstellen durchgeführt werden könnten, lägen keine Nachunternehmerleistungen i.S. der VOB/A vor. Für die Erbringung der vorliegend ausgeschriebenen Prüfleistungen existierten (hier: in Bayern) nur drei Prüfstellen, welche die gestellten Anforderungen erfüllten. Diese Prüfstellen seien nicht als Nachunternehmer zu qualifizieren und waren deshalb nicht in das vorgegebene Formular aufzunehmen. Als Nachunternehmer werde ein Unternehmer bezeichnet, welches Teile der ausgeschriebenen und vom Bieter zu erbringenden Leistung ausführe, ohne selbst in einem unmittelbaren vertraglichen Verhältnis zum AG zu stehen. Unternehmer, die selbst keine Teile der in Auftrag gegebenen Bauleistungen erbrächten, sondern in Hilfsfunktionen tätig seien oder Hilfsleistungen übernähmen, seien schon begrifflich keine Nachunternehmer wie z. B. Lieferanten von Baustoffen und Verleiher von Baumaschinen. Nach dieser Definition fielen Leistungen der anerkannten Prüfstellen schon deshalb nicht unter Nachunternehmerleistungen, weil die Prüfung per se nicht durch den Bieter erbracht werden könne. Die im Leistungsverzeichnis (LV) aufgeführten Prüfleistungen seien vom AG anerkannten Prüfstellen vorbehalten, zu denen die einzelnen Bieter offensichtlich nicht zählten.
Bei den übrigen Leistungen (die z. B. den Frost-Tausalz-Widerstand prüfen und belegen sollten) lägen hingegen Leistungen vor, die nicht nur durch vom AG anerkannte Prüfstellen erbracht werden könnten. Grundsätzlich kämen hier anerkannte Ingenieurbüros oder eigene Betonprüfstellen in Betracht und könnten somit auch von den Bietern erbracht werden. Ein Ausschluss wegen fehlender NU-Angaben für diese Leistungsbereiche komme vorliegend nicht in Betracht. Der zwingende Ausschluss wegen einer fehlenden Erklärung sei die schärfste Sanktion im Ausschreibungsverfahren. Mit dieser korrespondiere die Verpflichtung des AG, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und in diesen eindeutig und unmissverständlich darzustellen, welche Erklärungen von ihm verlangt würden. Dies läge hier nicht vor. Die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergebe, dass eine NU-Leistung für die Laborleistungen nicht eindeutig gefordert war, weil die Bieter – wie auch der AG – davon ausgegangen seien, dass es sich um Leistungen handle, die nicht vollständig durch den Bieter erbracht werden könnten und dass es sich bei diesen Fremdleistungen um bloße Hilfsleistungen handle.

Aber selbst wenn eine solche NU-Erklärung bei Angebotsabgabe gefehlt hätte, hätte das Angebot des B nicht ausgeschlossen werden dürfen. Vielmehr hätte die fehlende NU-Erklärung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgefordert werden müssen. Unter diese Erklärungen fielen auch die Erklärungen zum NU-Einsatz.

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Anmerkung:
Immer wieder ist festzustellen, dass öffentliche Auftraggeber Prüfleistungen von den Bietern fordern, die von diesen gar nicht erbracht werden können. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung des OLG München interessant, da eine grundsätzliche Einordnung und Definition von Nachunternehmerleistungen im Verhältnis zu sog. „Hilfsleistungen“ aufweist, an denen sich Bieter in streitigen Fällen orientieren
können.

 

  Quelle: RA Michael Werner


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