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Neubau am Schlossensemble

24.01.2020

Moderne Erweiterung für historisches Landratsamt

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Bodentiefe Fenster bringen in alle Büroetagen Tageslicht. Von der Straßenseite aus betrachtet ist der Bau nur eingeschossig.

Ein bemerkenswerter Hybridbau aus Beton und Holz fügt sich direkt an das bedeutendste Gebäudeensemble von Neustadt an der Waldnaab, zum Alten und Neuen Schloss. Der moderne Bürotrakt schafft im Landratsamt Raum für über 100 zusätzliche Arbeitsplätze.

Der Erweiterungsbau des Architekturbüros Bruno Fioretti Marquez wurde von den Berliner Architekten passgenau entworfen und direkt an das erhaltene Denkmalensemble angebunden. Fünf der sechs im Wettbewerb 2016 prämierten Architekturbüros hatten mit eigenständigen Bauten auf das betreffende Hanggrundstück reagiert. Einzig das siegreiche Büro aus Berlin umfasste das Eckgrundstück an seinen Rändern und dockte mit zwei verglasten Fugen jeweils an der Längsseite des Neuen Schlosses an, das sich zur Hauptstraße giebelständig in die mittelalterliche Bebauung der Nachbarhäuser einfügt.

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Eine Glasfuge verbindet den Erweiterungsbau mit dem Bestand und den dort beherbergten Amtsräumen.

Mit diesem Kunstgriff gelang dreierlei. Ein großer, innenliegender und terrassenförmig aufsteigender öffentlicher Hofgarten vermittelt nun zwischen Neuem Schloss und dem Erweiterungstrakt. Straßenseitig überragt der Neubau mit seinem Pultdach nicht die Oberkante der Erdgeschossdecke des historischen Baus und respektiert so das Denkmal. Und schließlich wird mit der abgewinkelten U-Form das Gelände zwischen Stadtplatz und abschüssigem Hohlweg neu geordnet. Diese seitliche Straße erhält durch den hier platzierten Eingang neue stadträumliche Gewichtung.

Verbesserung der städtischen Infrastruktur
Nötig geworden war der Neubau, weil die Verwaltung des Landratsamts Neustadt an der Waldnaab aus allen Nähten platzte. Ein in den 1970er Jahren hinter dem Neuen Schloss erbauter Trakt entsprach weder städtebaulich, architektonisch, energetisch noch vom Raumangebot her zeitgemäßen Vorstellungen einer modernen Behörde und wurde nach einem Beschluss des Kreisausschusses abgerissen. Das klar strukturierte, moderne Gebäude bietet Mitarbeitern und Besuchern ein für Behörden eher ‚ungewöhnliches‘ und sehr angenehmes Ambiente. Der atriumähnliche Innenhof ist sehr beeindruckend und bietet auch Raum für unterschiedliche, kulturelle Veranstaltungen“, erläuterte Landrat Andreas Meier.

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Eine lange Betontreppe führt, gesäumt von Sichtbetonflächen, bis ins dritte Untergeschoss. Über einen Aufzug lässt sich der Verwaltungsbau auch barrierefrei erschließen.

Für den speziellen Standort haben die Architekten einen Baukörper entworfen, der nach außen, in den Stadtraum hinein, eine niedrige, weitgehend geschlossene, homogene Fassade aus beigegrauem Leichtbeton zeigt. Sie wird nur von wenigen großen gläsernen Ausschnitten mit markanter Holzlaibung und dem Entrée, hinter dem sich das Foyer anschließt, durchbrochen. Zur Längsseite des Schlosses und zum neuen Innenhof hin öffnet sich der Neubau unerwartet über vier Geschosse mit einer bodentiefen Verglasung und verweist mit der holzbekleideten Fassade auf die Holzkonstruktion des Hybridbaus. Der nachhaltige Baustoff Holz war auch im Innern, neben Leichtbeton in Sichtbetonqualität, das Material der Wahl. Bevor mit dem Neubau begonnen werden konnte, hatte das Hanggrundstück tief ausgebaggert und die Baugrube mit einer Betonbohrpfahlwand gesichert werden müssen.

Nachhaltiger Hybridbau
„Die gelungene Einbindung des Hybridbaus aus Holz und Beton in das Schlossensemble ist eine Meisterleistung aller Beteiligten“, fasst Projektleiter Heribert Eckl zusammen. Er hat für das Landratsamt den Bau begleitet, der vom regionalen Baugeschäft Helmut Kreuzer und seinen Mitarbeitern in kurzer Zeit errichtet worden ist. Nach neun Monaten konnte im Rohbau mit den Sichtbetonflächen zur Straße der Trockenbau beginnen und die Holzfassade zum Innenhof montiert werden. Zunächst galt es, für die drei Untergeschosse eine 40 Zentimeter dicke Wand aus wasserundurchlässigem Beton (WU-Beton) gegen den Druck des Erdreichs zu errichten. Diese ist gedämmt und innen nach exakten Bewehrungs- und Schalplänen, die unter anderem Fugenverlauf und Ankerpunkte festlegten, verwirklicht worden. Die rund 740 Kubikmeter des WU-Betons, mit dem auch die 30 Zentimeter dicke Bodenplatte ausgeführt worden ist, kam von der Beteiligungsgesellschaft TBG Transportbeton von Heidelberger Beton aus Weiden per Pumpendienst Naabtal.

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Zur Straße hin schaffen große Fensterausschnitte mit markanten Holzlaibungen Transparenz.

„Wir haben im Untergeschoss einseitig und gegen das Erdreich beziehungsweise die Bohrpfahlwand geschalt“, beschreibt Bauunternehmer Kreuzer den Bauablauf. Das Untergeschoss war eine Baustelle der Überwachungsklasse 2 mit besonderem Augenmerk auf den WU-Beton. Damit die Güte dieses Betons den Anforderungen an ein wasserdichtes Bauwerk entsprach, entnahm Hans-Peter Zeitler von der Betotech in Nabburg immer wieder Proben aus dem Mischer. Nach erfolgter Prüfung der Konsistenz war sofortiges Handeln angesagt. „Der Beton wurde aus dem Mischer in die Schalung gepumpt. Sechs bis acht Mitarbeiter haben kontinuierlich in Tagesabschnitten geschalt, betoniert, verdichtet, ausgeschalt und so fort“, schildert Helmut Kreuzer den zügigen Ablauf. In die aufsteigenden Wände hat das Unternehmen im Bauverlauf schon die Aussparungen für die Auflager der Holzbalkendecken integriert. Hier sind verschiedene Decken eingezogen worden, von denen aus immer weiter in die Höhe betoniert werden konnte.

Leichtbeton als Sichtbeton
Knapp unter Geländeverlauf erfolgte an der insgesamt bis zu neun Meter hohen Wand ein Materialwechsel. Denn das gesamte Parterre sollte aus einer 60 Zentimeter dicken, einschaligen Wand aus Leichtbeton in Druckfestigkeitsklasse LC 12/13 bestehen, die innen wie außen die Beschaffenheit des Betons zeigt. Aufgrund der wärmedämmtechnischen Eigenschaften dieses Leichtbetons musste diese tragende Außenwand nicht extra gedämmt werden. Der Leichtbeton wurde innen und außen in Orientierung an die Sichtbetonklasse SB3 ausgeführt. Die Oberflächen sollten glatt und ohne Hohlstellen ausfallen.

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Im neuen Bürotrakt ist neben Sichtbeton Holz das Material der Wahl.

Fotos: @HeidelbergCement AG / Steffen Fuchs

„Wir konnten die Leichtbetonwände in hoher Sichtbetonqualität ausführen“, resümiert Bauunternehmer Helmut Kreuzer. Besonders an den Kanten der großen Fensterausschnitte war die geforderte Sichtbetonqualität für die Ausführenden eine Herausforderung. Damit dieser Leichtbeton die gewünschte Farbnuance erlangte, war im Betonwerk als leichte Gesteinskörnung für den Beton der vulkanische Zuschlag Vulkamix verwendet worden. Außerdem musste er mit Kübeln eingebracht werden, da er nicht pumpfähig ist. Bruno Fioretti Marquez, versierte Planer in puncto Sichtbeton, gaben die Zusammensetzung des Leichtbetons vor. Musterplatten und eine Eins-zu-eins-Musterfläche waren im Vorfeld zur Zufriedenheit von Architekten und Bauherren ausgefallen. Die Doka-Schalung wurde etwas modifiziert und bei der Betonage ließen die Planer zusätzlich Dreikantleisten für die präzise Eckausbildung der Laibungen verwenden, in die später exakt auf Maß produzierte Holzfenster eingesetzt wurden. Die behutsame Erweiterung des Schlossensembles ist ein architektonisches Meisterwerk. Auch seine Beständigkeit wird die Bedeutung für das Stadtgefüge nachhaltig unter Beweis stellen.

  Quelle: www.heidelbergcement.com


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