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Neue Schal- und Bewehrungspläne: Änderung des Bauentwurfs?

07.03.2019

von RA Michael Seitz

Eine Änderung des Bauentwurfs liegt vor, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer Schal- und Bewehrungspläne übergibt, in denen – anders als im Leistungsverzeichnis – die Erstellung der Decke in Ortbeton anstelle einer Fertigteildecke vorgesehen ist.

Dies hat das Kammergericht in einem Urteil vom 21.04.2016 (Az.: 27 U 81/15) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 25.04.2018 (Az.: VII ZR 119/16) zurückgewiesen.

Der Fall: AN und AG schließen einen Detailpauschalvertrag über Rohbauarbeiten in Höhe von knapp 790.000,00 Euro. Die VOB/B ist in dem Vertrag einbezogen. Im Leis-tungsverzeichnis, das der AG erstellt hat, ist eine Decke aus Fertigteilelementen vorgesehen. Nachdem auf der Baustelle erheblicher Termindruck eintritt, übergibt AG dem AN Schal- und Bewehrungspläne, die entgegen dem Leistungsverzeichnis eine Ausführung der Decken in Ortbeton vorsehen. Darin sieht AN eine Änderung des Bauentwurfs und macht eine Mehrvergütung in Höhe von rund 173.000,00 Euro geltend. Als AG nicht zahlt, erhebt AN Klage und obsiegt beim Landgericht. AG geht in Berufung.

Das Urteil: Die Berufung hat keinen Erfolg! Nach Auffassung des Kammergerichts hat AN einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung für die Ausführungen in Ortbeton, und zwar aus § 2 Abs. 5 VOB/B. Gemäß dem von AG erstellten LV hatten die Parteien ursprünglich eine Herstellung der Decke mit Fertigteilen vereinbart. In dem später übergebenen Schal- und Bewehrungsplänen, die eine Decke in Ortbeton vorsahen, sei eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Abs. 3 VOB/B zu sehen. Daraus ergibt sich dem Grunde nach „automatisch“ ein Vergütungsanspruch gem. § 2 Abs. 5 VOB/B. Die Planung, auch die Ausführungsplanung lag hier bei AG, daher kann dem AN kein Fehlverhalten angelastet werden. Die Änderung des Bauentwurfs stammte hier aus der Risikosphäre des AG, zu dem war der Zeitverzug auch nicht auf (Fehl-)Leistungen des AN zurückzuführen.

 

Fazit: Eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne von § 1 Abs. 3 VOB/B zieht nur dann die Vergütungsfolge des § 2 Abs. 5 VOB/B nach sich, wenn AG den AN verbindlich anweist, die Leistung in einer bestimmten, zuvor nicht vorgesehenen Weise auszuführen. Dies kann allerdings nicht nur ausdrücklich, sondern durchaus auch konkludent (stillschweigend) geschehen. Eine solche stillschweigende Änderungsanordnung sieht das Kammergericht hier zu Recht an in der Übergabe der Schal- und Bewehrungspläne, die ihrerseits die Änderung der ursprünglichen Vereinbarung enthielten, denn es war offensichtlich der Wille des AG, dass nach den (neuen) Schal- und Bewehrungsplänen gearbeitet werden sollte.

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