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Notwendige Leistungen werden bezahlt!

11.03.2021

von RA Michael Seitz

Erbringt ein Auftragnehmer Leistungen ohne (wirksamen) Auftrag, waren diese Leistungen jedoch notwendig, um den Werkerfolg, also die mangelfreie Herstellung des Werkes zu erreichen, so hat er einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe der üblichen Vergütung.

Dies hat das OLG Jena einem Urteil vom 09.01.2020 (Az.: 8 U 176/19) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen.

Der Fall: AN erbringt Fliesen- und Wärmedämmverbundarbeiten für AG. Die VOB/B ist vereinbart. Der Bauleiter des AG weist AN an, Baustützen einzubauen. Diese sind zwar im Vertrag nicht vereinbart, jedoch für eine mangelfreie Erbringung der Leistung technisch notwendig. AN verlangt hierfür eine Mehrvergütung von 464,00 Euro. AG lehnt die Bezahlung mit dem Argument ab, sein Bauleiter sei zur Änderung des Bauvertrages nicht bevollmächtigt gewesen.

Das Urteil: Trotzdem hat AN mit seiner Klage Erfolg! Die Lieferung und der Einbau der Stützen seien zwar – mangels Vollmacht des Bauleiters – nicht wirksam vereinbart worden. Sie waren jedoch zur Erreichung des Werkerfolges (= mangelfreie und den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Herstellung des Werkes) erforderlich. Daher steht AN gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B ein Anspruch auf Vergütung zu. Dieser Anspruch ist gegeben, wenn die auftragslose Leistung dem mutmaßlichen Willen des AG entspricht. Dies ist der Fall, wenn sie für die Erreichung des werkvertraglichen Zweckes erforderlich ist, denn dann hätte AG bei objektiver Betrachtung diese Leistung beauftragt. Nach Auffassung des OLG Jena erhält AN dann Aufwendungsersatz in Höhe der üblichen Vergütung, wobei er für die Üblichkeit der verlangten Vergütung beweispflichtig ist. Diesen Beweis hatte das OLG Jena hier als erbracht angesehen.

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Fazit: Der Einwand des AG, sein Bauleiter (oder auch der von ihm beauftragte Architekt) sei zur Änderung des Bauentwurfs und damit zur Beauftragung zusätzlicher Leistungen nicht bevollmächtigt, gehört zum Standardrepertoire der meisten Auftraggeber, denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Bauleiter und Architekten ohne entsprechende Vollmacht Vertragsänderungen nicht beauftragen dürfen. Damit ist die Prüfung jedoch noch nicht beendet. AN kann gleichwohl eine Vergütung gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B zustehen. Voraussetzung dafür ist zum einen, dass die Leistung dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entspricht, was der Fall ist, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren und daher von AG vernünftigerweise beauftragt worden wären. Ist die VOB/B nicht vereinbart, so folgt ein entsprechender Anspruch aus §§ 677, 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag). Diese Anspruchsgrundlage enthält das Erfordernis eines unverzüglichen Hinweises auf die zusätzliche Leistung – anders als die VOB/B – nicht, weshalb ein Teil der Rechtsprechung auch im Rahmen der VOB/B auf sie verzichtet. Jedenfalls dürfte ein Hinweis in Baustellenprotokollen ausreichend sein, wenn der AG nicht widerspricht. Im Hinblick auf die Höhe des Anspruchs vertritt ein Teil der Rechtsprechung – wie hier das OLG Jena – die Auffassung, der AG schulde die übliche Vergütung. Ein anderer Teil der Rechtsprechung will die Höhe der Vergütung aus dem Vertrag ableiten, was nach neuerer Rechtsprechung wohl bedeutet, dass sie nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zzgl. angemessener Zuschläge zu berechnen ist.

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