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Nullpositionen: § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B anwendbar?

08.01.2015

Werden bei einem Einheitspreisvertrag einzelne Positionen gar nicht ausgeführt, ohne dass dies auf einer Kündigung, einem Verzicht oder einer Anordnung des Auftraggebers beruht, so hat der Auftragnehmer gleichwohl einen Anspruch auf Vergütung in Höhe der Beträge, die er zur Deckung seiner unabhängig von der Leistungserbringung anfallenden Gemeinkosten sowie seines Gewinns in die Einheitspreise der entfallenen Leistungen einkalkuliert hat. Etwaige Ausgleiche durch Nachträge sind aber zu berücksichtigen.

Dies hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 19.06.2012 (Az.: 21 U 85/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 26.06.2014 (Az.: VII ZR 232/12) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Trockenbauarbeiten auf der Basis eines Einheitspreisvertrages unter Einbeziehung der VOB/B. Eine Reihe von Positionen, die im Vertrag vorgesehen sind, werden tatsächlich nicht aufgeführt, andererseits werden eine Reihe von Nachträgen beauftragt. AN lässt eine „Baubetriebliche Erläuterung“ seines Ingenieurbüros aufstellen und verlangt für die „Nullpositionen“ eine Vergütung in Höhe von 130.000,00 €. AG zahlt nicht und argumentiert, die „Nullpositionen“ seien durch anderweitige Nachtrags- und Mehrvergütungsansprüche kompensiert worden.

Das Urteil: AN verliert vor dem OLG Hamm! Zwar stellt das Gericht fest, dass im vorliegenden Fall die Ursache für die Nullpositionen nicht auf ein Verhalten des AG zurückzuführen ist. Daher hat AN grundsätzlich Anspruch auf Vergütung der in den nicht ausgeführten Positionen enthaltenen, kalkulierten Gemeinkosten, die unabhängig von der Leistungserbringung anfallen, sowie auf den kalkulierten Gewinn. Auf einen solchen Fall sei § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B in ergänzender Auslegung anzuwenden. Nach dieser Vorschrift soll die Erhöhung des Einheitspreises im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch die Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten sowie der allgemeinen Geschäftskosten auf eine verringerte Menge ergibt. Für den Fall, dass eine bestimmte Menge überhaupt nicht anfällt, weil die Position gar nicht ausgeführt wird, enthält allerdings § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B keine ausdrückliche Regelung. In ergänzender Auslegung wendet der BGH und hier – dem folgend - auch das OLG Hamm diese Regelung allerdings auch auf solche „Nullpositionen“ an. Dennoch scheitert AN, denn eine solche Anpassung des Einheitspreises findet dann nicht statt, wenn AN durch Mehrmengen bei anderen Positionen oder in anderer Weise, etwa durch Nachtragsleistungen gemäß § 2 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B einen Ausgleich erhält. Dann liegt nämlich keine Störung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung vor. AN scheitert hier jedoch noch aus einem anderen Grund: Er hat die Höhe der für die Nullpositionen noch zu zahlenden Vergütung (kalkulierte Gemeinkosten und kalkulierter Gewinn) nicht schlüssig dargelegt. Dafür reichen nämlich die von ihm vorgelegten „Baubetrieblichen Erläuterungen“ des Ingenieurbüros nicht aus. Auch berücksichtigen sie nicht die durch diverse Nachträge entstandenen Ausgleichszahlungen. Die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm geltend gemachten Ansprüche trägt jedoch AN. Nur er kann nämlich Angaben zur Verteilung der Gemeinkosten auf die Leistungspositionen des Vertrages machen.

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Fazit: Bis 2012 herrschte Unklarheit darüber, wie mit so genannten „Nullpositionen“ umzugehen ist. Der BGH hat dies nun klargestellt, indem er § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B auch auf „Nullpositionen“ entsprechend anwendet.

Damit gibt der BGH - und ihm folgend hier auch das OLG Hamm - dem AN aber häufig Steine statt Brot: Die Anforderungen für die Darlegung der Verteilung der Gemeinkosten auf die einzelnen Leistungspositionen und dem darin enthaltenen Gewinn ist nämlich - gerade für kleinere Unternehmen - zum Teil außerordentlich schwierig. Hinzu kommt, dass unklar ist, wann AN durch Nachträge oder Erhöhungen von Mengen in anderen Positionen einen „anderweitigen Ausgleich“ erhält, wie ihn § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B vorsieht. Hierzu muss vom AN eine Ausgleichsberechnung erstellt werden. Dies dürfte gerade mittelständischen Handwerkern ohne entsprechende fachkundige und damit teure Beratung kaum jemals gelingen.

  Quelle: RA Michael Seitz


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