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„Nullpositionen“: § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B anwendbar?

08.05.2014

Für ersatzlos entfallende Leistungspositionen (so genannte Nullpositionen) kann der Auftragnehmer keine Vergütung gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B verlangen. Vielmehr ist wie nach einer freien Kündigung (§ 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B, § 649 Satz 1 BGB) abzurechnen, wobei allerdings eine Ausgleichsberechnung entsprechend den Regelungen des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B in Betracht kommt.

Dies hat das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 5. September 2011 (Az.: 17 U 14/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 6. Juni 2013 (Az.: 7 ZR 191/11) zurückgewiesen.

Der Fall:
AN setzt für AG auf Basis eines Bauvertrages unter Einbeziehung der VOB/B einen Dachstuhl instand. In Position 2.5 des Leistungsverzeichnisses ist die Entsorgung von 120 m³ kontaminierter Perliteschüttung zu einem Preis von 500,00 € pro Kilogramm vorgesehen. Tatsächlich war die Perlite nicht kontaminiert. Die Parteien trafen eine Nachtragsvereinbarung nach der die Perlite zu einem Einheitspreis von 52,00 € pro Kubikmeter abgerechnet wurde. Dieser Nachtrag wurde von AG bezahlt. Darüber hinaus verlangt AN jedoch für die entfallene Position 2.5 den entgangenen Gewinn in Höhe von 46.854,06 €. AG verweigert die Bezahlung und verweist auf die Nachtragsvereinbarung. Zudem habe AN in den „Angaben zur Kalkulation“ lediglich einen Gewinn von 8 % angegeben, jetzt fordere er jedoch einen Gewinn von 400 %, was sittenwidrig sei.

Das Urteil:
Sowohl Landgericht als auch OLG weisen die Klage ab. Dabei äußert das Gericht zunächst die oben dargestellte Rechtsansicht, dass § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B auf Nullpositionen nicht anzuwenden sei. Im vorliegenden Fall kommt es nach Ansicht des OLG hierauf jedoch gar nicht an. Beide Parteien hätten nämlich von vorneherein in Betracht gezogen, dass die Perliteschüttung nicht kontaminiert sein könnte, weshalb die Baufirma ein Nebenangebot zu einem Einheitspreis von 52,00 € pro Kubikmeter für diesen Fall gemacht habe. Zwar wurde dieses Nebenangebot zunächst nicht Vertragsbestandteil. Genau die Vereinbarung des Nebenangebotes trafen die Parteien jedoch im Rahmen der Nachtragsvereinbarung. Nach Auffassung des OLG liegt es daher nahe, dass die Position 2.5 tatsächlich nur vorläufig beauftragt war. Durch die Nachtragsvereinbarung haben die Parteien sodann die Behandlung der - unkontaminierten - Perliteschüttung abschließend geregelt. Daher bedürfte es auch keiner Entscheidung, ob der Gewinnanteil von 400 % sittenwidrig ist oder nicht.

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Fazit:
Im Ergebnis ist dem Urteil beizupflichten. Es hätte jedoch nahe gelegen, von einer Leistungsänderung auszugehen. Das zu entsorgende Material war nicht wie ausgeschrieben belastet, sondern unbelastet. Somit ist nach § 2 Abs. 5 VOB/B ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten zu vereinbaren. Genau diese Vereinbarung haben die Parteien sodann im Rahmen des Nachtrages getroffen.

  Quelle: RA Michael Seitz


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