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OLG Brandenburg bestätigt: Schweigen auf Nachtragsangebot kann Zustimmung bedeuten

07.12.2023

Lässt ein Auftraggeber in Kenntnis eines Nachtragsangebots eine Position zu dem ihm angebotenen Einheitspreis widerspruchslos ausführen, kommt still-schweigend eine vertragliche Vereinbarung auch über die Höhe des Einheitsprei-ses zustande. Dies hat das OLG Brandenburg mit Urteil vom 12.05.2022 (Az.: 12 U 141/21) entschieden.

 

Portrait Michael Seitz

 

Der Fall: AN macht gegen AG, einen öffentlichen Auftraggeber, aus einem Bauvertrag über Straßenbauarbeiten Vergütungsansprüche geltend. Unstreitig ist, dass AG Ände-rungen angeordnet hat, für die AN Nachtragsangebote unterbreitet hat. Streit besteht über die Höhe der Nachtragsvergütung. Unstreitig ist weiter, dass AG die angebotenen Nachtragsarbeiten durchführen ließ und das, obwohl er die Nachtragsangebote bereits geraume Zeit kannte. Später nimmt AG die Leistungen sogar ab.

Das Urteil: Das OLG Brandenburg geht ebenso wie das Landgericht davon aus, dass eine Vereinbarung über die Nachtragsangebote nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach zustande gekommen ist. Zwar liege in einem bloßen Schweigen grund-sätzlich keine Zustimmung, dies sei jedoch dann anders, wenn nach Treu und Glauben ein Widerspruch des Angebotsempfängers erforderlich gewesen wäre und der andere Teil daher das Verhalten so verstehen kann, dass der Empfänger den Vertrag auf der Grundlage des Angebotes schließen will. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass der Angebotsempfänger das jeweilige Nachtragsangebot vor Ausführung der Leistung kennt und dass er die angebotene und verpreiste Leistung trotz dieser Kenntnis widerspruchs-los ausführen lässt. Aus der besonderen Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien ergebe sich dann in einem solchen Fall, dass AG die angebotenen Preise gegen sich gelten lassen muss. Bei der im vorliegenden Fall verstrichenen Zeitspanne von zwei Monaten wäre es dem AG durchaus möglich und zumutbar gewesen, auf die Nach-tragsangebote zu reagieren, wenn er mit den Preisen nicht einverstanden war. In einem solchen Fall gelte das Schweigen des AG ausnahmsweise als Zustimmung.

Fazit: Eine für den Bauunternehmer höchst erfreuliche Entscheidung, die auch keines-wegs vereinzelt geblieben ist. Bereits im Jahre 2011 hat das OLG Koblenz in einem ähnlichen Fall (Az.: 12 U 1543/07) ebenso entschieden, und diese Entscheidung hat durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde sogar die Billigung des BGH erhalten. Aber Achtung: Die Entscheidung hilft nur dann, wenn zum einen das Nach-tragsangebot vor der Ausführung der Leistung vorliegt, wenn der Auftraggeber sich hierzu (überhaupt nicht) äußert und wenn schließlich eine gewisse Bedenkzeit ver-strichen ist. Deshalb hilft die Entscheidung nicht in solchen Fällen, in denen der Auftrag-geber zwar die Leistung abfordert, jedoch ausdrücklich erklärt, er sei mit dem Preis nicht einverstanden und darüber sei später noch eine Einigung zu erzielen. Ebensowe-nig sind hier die Fälle gemeint, in denen - wie so oft - zwischen AG und AN Streit dar-über besteht, ob es sich überhaupt um eine Nachtragsleistung oder um eine im Ur-sprungsvertrag bereits verpreiste Leistung handelt.

  Quelle: Anwalt Seitz


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