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Offenlegung aller Zuschlags- und Gewichtungskriterien !

24.03.2015

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 09.04.2014 – Verg 36/13 – u.a. Folgendes entschieden:

• Der öffentliche Auftraggeber muss rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekanntgeben. Bei der Wertung der Angebote sind diese zu berücksichtigen.

• Hat der Auftraggeber Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen aufgestellt, sind diese den Bietern vollständig offen zu legen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte IT-Leistungen im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlichste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe und zur Verhandlung aufgeführt sind, erteilt werden. Die Wertung der Angebote sollte „in Anlehnung an UfAB V… nach der einfachen Richtwertmethode“ erfolgen.

Bei diesen UfAB handelt es sich um vom Bundesministerium des Inneren entwickelte Unterlagen für die Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen. Nach dieser Methode wird das wirtschaftlichste Angebot anhand einer Formel aus Preis und Leistungspunkten ermittelt. Wie diese Leistungspunkte berechnet werden, ist ebenfalls in der UfAB beschrieben. Die Erfüllung der Kriterien und Ermittlung der Bewertungspunkte hatte der AG in den Ausschreibungsunterlagen selbst nicht beschrieben, sondern den Verweis auf die UfAB für ausreichend erachtet. Bieter A sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt.

Das OLG gibt Bieter A recht. Der AG habe hier das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB verletzt. Einmal durfte er bei der Ermittlung des in die Berechnungsformel einzustellenden Preises nicht den Preis für die Vertragslaufzeit mit Verlängerungsmöglichkeit (48 Monate) zugrunde legen, sondern – ohne ausdrücklichen Hinweis – nur den Preis für die ausgeschriebene Vertragslaufzeit (36 Monate). Des Weiteren sei das verwendete Bewertungssystem intransparent. Es verstoße gegen § 19 Abs. 8 VOL/A-EG i.V.m. § 9 Abs. 1 und 2 VOL/A-EG sowie das Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 2 GWB). Nach den Ausschreibungsunterlagen sollte die Angebotswertung nur „in Anlehnung an“ UfAB erfolgen, wobei unklar blieb, ob diese unverändert oder modifiziert angewendet werden sollte und worin Abwandlungen gelegen hätten. Der AG sei deshalb verpflichtet gewesen, in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen, jedenfalls vor Ablauf der Angebotsfrist, die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung anzugeben. Bereits aufgestellte Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen seien den Bietern vollständig offenzulegen. Dazu gehörten auch die Formel zu den Leistungspunkten, die Angabe der zu erreichenden Bewertungspunkte pro Leistungskriterium sowie die Erläuterung, wie die Punktevergabe konkret erfolge, z.B. für welche Leistungen angeboten werden müsse, um die Höchstpunktzahl zu erreichen.

Ebenso habe der Auftraggeber von den Bietern nur die Angabe verlangt, ob ein Leistungskriterium „erfüllt“, „teilweise erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ werde. Dies sei irreführend, wenn trotz der Bieterangabe „erfüllt“ – wie hier – ein Punkteabzug möglich sei. Denn es werde suggeriert, dass bei der Angabe „erfüllt“ die volle Punktzahl erreicht werde.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Wieder eine Entscheidung, die dem Auftraggeber unmissverständlich klar macht, dass er sämtliche Zuschlagskriterien bzw. Gewichtungsregeln, mit denen er zu dem Ergebnis seiner Wertung kommt, frühzeitig allen Bietern bekannt zu geben hat.

Denn ohne genau zu wissen, nach welchen Kriterien der Auftraggeber letztlich bei Wertung der Angebote vorgeht, ist es den Bietern schwer möglich, ein vernünftiges und aus ihrer Sicht erfolgreiches Angebot abgeben zu können. 

  Quelle: RA Michael Werner


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