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Ohne Kündigung keine Ersatzvornahmekosten!

08.08.2019

von RA Michael Seitz

Um einen Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornamekosten zu haben, muss AG bei mangelhafter Erfüllung vor Abnahme eine (Teil-)Kündigung aussprechen, es sei denn, AN hat die Leistung bereits ernsthaft und endgültig verweigert. Dafür ist weder bloße Untätigkeit noch das Bestreiten der Mängel ausreichend. Darüber hinaus muss der AG selbst dann, wenn eine ernsthafte und endgültige Verweigerung des AN vorliegt, zumindest stillschweigend seinen Willen zur Vertragsbeendigung zum Ausdruck bringen, wofür die Beauftragung eines Drittunternehmers mit der Mängelbeseitigung nicht ausreichend ist.

Dies hat das OLG Stuttgart in einem Urteil vom 28.05.2019 (Az.: 10 U 15/19) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Bodenbelagsarbeiten unter Einbeziehung der VOB/B 2009. Später streiten die Parteien darüber, ob eine Abnahme erfolgte, ob Mängel vorhanden sind und ob AN für diese verantwortlich ist. Eine durch AG gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung verstreicht ungenutzt. In einem ersten Prozess klagt AN auf Restwerklohn, wobei er die Mängel teilweise bestreitet, teilweise aber auch einräumt. In dem hier entschiedenen, zweiten Prozess klagt nunmehr AG zunächst auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung, später – nach durchgeführter Mängelbeseitigung – stellt er die Klage um auf Kostenerstattung. Gegen das erstinstanzliche, klageabweisende Urteil legt AG Berufung ein.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Das OLG stellt zunächst fest, dass die Arbeiten nicht abgenommen wurden. Da die VOB/B in den Vertrag einbezogen war, richtet sich der Kostenerstattungsanspruch nach § 4 Abs. 7 i. V. m. § 8 Abs. 3 VOB /B. § 4 Abs. 7 VOB/B setzt zunächst voraus, dass die Leistung bereits während der Ausführung als vertragswidrig (also mangelhaft) erkannt wurde, dass AG dem AN eine Frist zur Mängelbeseitigung setzt und die Kündigung androht. Verstreicht die Frist fruchtlos, so ist nach § 8 Abs. 3 sodann eine (ggf. Teil-)Kündigung auszusprechen. Letzteres hatte AG hier versäumt. Eine Ausnahme von dem Erfordernis der Kündigung wäre allerdings gegeben, wenn AN die Leistung bereits ernsthaft und endgültig verweigert hätte. Auch dies vermag das OLG Stuttgart nicht festzustellen. An eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung seien strenge Anforderungen zu stellen. Die bloße Untätigkeit des Unternehmers reiche ebenso wenig wie das Bestreiten der Verantwortlichkeit für einen Mangel. Darüber hinaus fordert das OLG Stuttgart unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH außerdem, dass AG selbst dann, wenn eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vorliegt, mindestens stillschweigend zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag beenden möchte. Die Beauftragung eines Drittunternehmers hält das OLG Stuttgart hierfür nicht für ausreichend.

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Fazit: Nicht immer ist die fehlende Abnahme für den AN nur von Nachteil. Es ist nämlich für AG gar nicht so einfach, bereits während der Erfüllungsphase zu einen Kostenvorschuss- bzw. Kostenerstattungsanspruch zu gelangen. Er muss dem AN zunächst eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen und nach fruchtlosem Ablauf derselben den Vertrag kündigen. Das bloße Bestreiten von Mängeln führt ebenso wie ein bloßes Untätigbleiben für sich genommen noch nicht zu einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungs-verweigerung. Aber selbst dann, wenn eine solche vorläge, müsste AG zumindest stillschweigend seinen Willen zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Ausdruck bringen. Dies alles ist für den ausführenden Unternehmer erfreulich, sollte aber auch in Nachunter-nehmerverhältnissen stets gebührende Beachtung finden. Zwar sind die Hürden für AG scheinbar hoch, andererseits ist aber auch nicht einzusehen, warum es AG nicht zumutbar sein soll, nach Ablauf der Frist klare Verhältnisse zu schaffen und den Vertrag zu kündigen.

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