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Ohne Mahnung grundsätzlich kein Verzug!

23.11.2023

Eine Klausel in einem Bauvertrag, die vorsieht, dass die Ausführungszeit 12 Monate beträgt und vier Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens vier Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn beginnt, beinhaltet keine den Anforderungen des § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügende Leistungszeitbestimmung. Dies hat das OLG Saarbrücken mit Urteil vom 11.10.2023 (Az.: 2 U 196/22) entschieden.

 

Porträt Michael Seitz

 

Der Fall

AG beauftragt den AN in zwei verschiedenen Verträgen mit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses sowie eines Anbaus. In beiden Bauverträgen, die AG dem AN stellt, findet sich in § 4 eine Regelung, nach der die Ausführungszeit 12 Monate betragen und vier Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens jedoch vier Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn beginnen soll. Das Mehrfamilienhaus wird ca. 30 Monate, der Anbau ca. 18 Monate nach Erteilung der jeweiligen Baugenehmigung von AG abgenommen. Im Rahmen einer Baubesprechung hatte AG nachgefragt, wann AN seine Leistung endlich fertigstellen werde. Im Übrigen hat er jedoch keine Leistungsaufforderungen an AN übersandt. AN stellt Schlussrechnung, AG behält ca. 150.000,00 EUR ein und begründet dies damit, ihm seien aufgrund der verzögerten Fertigstellung höhere Aufzugswartungskosten und im Übrigen Mietausfallschäden entstanden. AN befinde sich im Verzug, er habe die Schäden daher zu ersetzen.

Das Urteil

Das sieht das OLG Saarbrücken ganz anders: AN sei mit der Fertigstellung nicht in Verzug. Es fehle nämlich an einer wirksamen Mahnung des AG, also einer eindeutigen und bestimmten Aufforderung zur Leistung. Die Frage in der Baubesprechung, wann mit einer Fertigstellung zu rechnen sei, reicht hierfür nicht aus. Ebensowenig wurde ein verbindlicher Fertigstellungstermin vereinbart. Zwar kann ein verbindlicher Fertigstellungstermin auch in der Weise vereinbart werden, dass der Lauf der Ausführungsfrist an ein vorheriges Ereignis wie etwa hier die Erteilung der Baugenehmigung geknüpft wird. Auch in einem solchen Fall muss allerdings der Kalendertag, an dem die Fertigstellung geschuldet wird, auf Basis des Ereignisses und der anschließenden Frist exakt berechenbar sein. So lag es hier jedoch nicht. Der Fristbeginn war nämlich nicht ausschließlich an die Erteilung der Baugenehmigung, sondern alternativ auch noch an den Abruf der Leistung durch den AG geknüpft. Auf dieser Basis ist allerdings der Tag der Fertigstellung nicht berechenbar. Daher hätte AG zur Herbeiführung des Verzuges mahnen müssen, was er im vorliegenden Fall unstreitig nicht tat.

Fazit

Eine Mahnung ist nur entbehrlich, wenn der Kalendertag, an dem die Leistung fertigzustellen und mithin Fälligkeit eingetreten ist, exakt festgelegt oder aber mindestens exakt berechenbar ist. Grundsätzlich reicht es also aus, die Frist zur Fertigstellung an ein ungewisses Ereignis, also hier etwa an die Erteilung der Baugenehmigung, zu knüpfen. Hier wurde die Berechnung der Fertigstellungsfrist allerdings an zwei unterschiedliche, jeweils ungewisse Ereignisse geknüpft, die alternativ eintreten konnten. Dann ist der Tag der Fertigstellung nicht mehr berechenbar mit der Folge, dass AG zur Herbeiführung des Verzuges den AN mahnen muss. Fehlt es an einer solchen Mahnung, wird die Fertigstellung der Leistung nicht fällig mit der Folge, dass auch kein Verzug eintreten kann. Eine Mahnung muss darüber hinaus stets eine konkrete Leistungsaufforderung (und am besten auch eine Fristsetzung) enthalten, eine bloße Nachfrage nach dem voraussichtlichen Ende der Arbeiten ist nicht ausreichend.

  Quelle: Anwalt Seitz


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