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Ohne Sicherheit keine Mängelbeseitigung!

09.08.2018

von RA Michael Seitz

Wird trotz eines berechtigten und ordnungsgemäßen Sicherungsverlangens gemäß § 648a Abs. 1 BGB a. F. die Sicherheit nicht gestellt, ist der Auftragnehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern, weshalb er weder vor noch nach der Abnahme in Verzug geraten kann.

Dies hat das OLG Naumburg in einem Urteil vom 16.04.2015 (Az.: 9 U 18/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 10.01.2018 (Az.: VII ZR 97/15) zurückgewiesen.

Der Fall: AG und AN schließen unter Einbeziehung der VOB/B einen Bauvertrag, nach dem AN Fenster, Türen und Rolllädenkästen am Bauwerk des AG herstellen soll. AN erbringt einen Teil dieser Leistung und stellt dafür eine erste Abschlagsrechnung. Die in der ersten Abschlagsrechnung ausgewiesenen Leistungen nahm AG anlässlich einer gemeinsamen Begehung auf der Baustelle ab. Später stellt AN eine Schlussrechnung in gleicher Höhe wie die erste Abschlagsrechnung. Kurz darauf fordert AG den AN zur Mängelbeseitigung auf und setzt eine Frist von 14 Tagen. Daraufhin fordert AN gleichfalls unter Fristsetzung die Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB und kündigt an, die Leistung zu verweigern, wenn eine angemessene Sicherheit nicht geleistet wird. In der Folgezeit erbringt AN keine weiteren Arbeiten. AG leistet seinerseits keine Zahlung, sondern erklärt nach Ablauf der Frist zur Mängelbeseitigung die Kündigung. AN klagt den Werklohn aus seiner Schlussrechnung ein. AG wendet ein, die Werkleistung sei mangelhaft, ihm stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu. Außerdem rechnet er mit vermeintlichen Schadensersatzansprüchen wegen der Mängel auf.

Das Urteil: Zu Unrecht, wie das OLG Naumburg mit Billigung des BGH meint. Der Werklohnanspruch des AN sei weder durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erloschen noch stehe AG ein Zurückbehaltungsrecht zu. Vielmehr sei AN berechtigt gewesen, die Restleistung und die Mängelbeseitigung zu verweigern. AG habe trotz eines ordnungsgemäßen und auch berechtigten Sicherungsverlangens gemäß § 648a Abs. 1 BGB a. F. (jetzt: § 650f BGB neu) die Sicherheit nicht gestellt. Daher habe AN die Mängelbeseitigung verweigern dürfen. Deshalb könne AN auch mit der Mängelbeseitigung nicht in Verzug geraten sein. Daher könne weder ein Kostenerstattungsanspruch noch ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten oder ein Schadensersatzanspruch wegen der Mängel entstehen. Dies gelte sowohl vor als auch nach der Abnahme, denn die Vorschrift des § 648a Abs. 1 BGB a. F. differenziere nicht danach, ob das Verlangen nach Sicherheit vor oder nach der Abnahme erfolge. Da AN nicht im Verzug mit der Mängelbeseitigung oder mit der Erbringung der noch ausstehenden Leistung war, liege auch keine Pflichtverletzung vor, sodass auch aus diesem Grund ein Schadensersatzanspruch nicht entstanden sein könne. Allerdings verurteilt das OLG AG zur Zahlung nur Zug-um-Zug gegen Beseitigung der zu Recht gerügten Mängel.

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Fazit: Die Entscheidung zeigt einmal mehr die große Bedeutung des § 648a BGB a. F., der – weitgehend unverändert, allerdings nur für den Bauvertrag – in § 650f BGB (neu) übernommen wurde. Fordert der Besteller die Beseitigung von Mängeln und verlangt der Unternehmer daraufhin eine Bauhandwerkersicherung, so entsteht eine Pattsituation, wenn AG diese Sicherheit nicht leistet. Nach Ablauf der Frist zur Stellung der Sicherheit hat AN ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Leistung. Dieses gilt sowohl für noch ausstehende Leistungen als auch für die Mängelbeseitigung. Weil dem so ist, kann AG – solange er die Sicherheit nicht leistet – weder Mängelbeseitigung verlangen, noch die Mängel im Wege der Ersatzvornahme selbst beseitigen oder gar Schadensersatz fordern. Weil AN ein Zurückbehaltungsrecht hat, kann er mit der Mängelbeseitigung auch nicht in Verzug geraten, seine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung geht ins Leere, AN behält sein Mängelbeseitigungsrecht. Im Ergebnis führt dies zu einer Verurteilung Zug-um-Zug: AN muss tatsächlich vorhandene Mängel beseitigen, AG muss dann den vollen Werklohn bezahlen. Da sich die Regelung auch im neuen Bauvertragsrecht an dieser Stelle nicht geändert hat, dürfte die Entscheidung, die noch zum alten Recht erging, ohne weiteres auch auf den neuen § 650f BGB anwendbar sein.

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