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Ohne Stundenlohnvereinbarung keine Stundenlohnvergütung!

13.10.2016

von RA Michael Seitz

Auch von einem Bauleiter, der zur Anordnung von Stundenlohnarbeiten bevollmächtigt ist, unterzeichnete Stundenlohnzettel bestätigen regelmäßig lediglich Art und Umfang der erbrachten Leistung, jedoch nicht die Stundenlohnvereinbarung als solche. Ebenso bestätigt ein Prüfvermerk der Bauleitung des Bauherren lediglich die fachliche und rechnerische Richtigkeit der Rechnung.

Dies hat das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 11.07.2016 (AZ: 21 U 48/13) entschieden.

Der Fall: AN führt für AG Sanierungsarbeiten aus. Die VOB/B ist vereinbart, außerdem regelt der Vertrag, dass Stundenlohnarbeiten nur auf Anordnung der Bauleitung durchzuführen sind. Später unterzeichnet die angestellte Bauleiterin des AG eingereichte Stundenzettel und versieht auch die Rechnung des AN mit einem Prüfstempel „fachlich und rechnerisch geprüft“. AG zahlt die angeforderte Stundenlohnvergütung nicht. Trotz Hinweis des Gerichts legt AN zur ausdrücklichen Beauftragung von Stundenlohnarbeiten nichts vor. Darauf hin weist das Landgericht die Klage hinsichtlich der Stundenlohnvergütung ab. AN legt Berufung ein.

Das Urteil: Und hat damit keinen Erfolg! Nach Auffassung des OLG Frankfurt bewirkt das Abzeichnen von Stundenlohnzetteln regelmäßig lediglich die Bescheinigung von Art und Umfang der erbrachten Leistungen, es sei denn besondere Umstände sprechen für eine andere Auslegung. Dafür reicht es auch nicht, dass die Bauleiterin zur Anordnung von Stundenlohnarbeiten ausdrücklich bevollmächtigt war. Der Prüfvermerk auf den Rechnungen stellt lediglich eine Wissenserklärung gegenüber dem AG dar, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Darin ist jedoch keine Erklärung des AG zu sehen, mit AN eine Stundenlohnvereinbarung zu treffen, auch nicht stillschweigend. Damit ist nach Auffassung des OLG Frankfurt weder ausdrücklich noch stillschweigend nachträglich eine Stundenlohnvereinbarung zustande gekommen.

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Fazit: Stundenlohnarbeiten führen sehr häufig zu Streit, auch weil Bauunternehmer hiermit oft höchst unprofessionell umgehen. Zwar erscheint die Entscheidung des OLG Frankfurt sehr weitgehend, sie entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung der Obergerichte. Die Tatsache, dass ein Bauleiter oder Architekt die Stundenlohnzettel abzeichnet, führt in aller Regel zu keiner Stundenlohnvereinbarung. Oft ist der Bauleiter dazu schon gar nicht bevollmächtigt. Aber selbst wenn er zur Anordnung von Stundenlohnarbeiten (ggf. begrenzt) bevollmächtigt ist, bedeutet das bloße Abzeichnen der Stundenlohnzettel noch keine Beauftragung. Die Beauftragung ist vielmehr vom Bauunternehmer gesondert zu beweisen. Ebenso wenig reicht der Prüfvermerk des Architekten oder des Bauleiters auf der Rechnung aus. Er ist lediglich eine Wissenserklärung gegenüber dem Auftraggeber, aber keine Bestätigung der Beauftragung mit Stundenlohnarbeiten gegenüber dem Auftragnehmer. Sollen Stundenlohnarbeiten ausgeführt werden, so gilt daher folgendes: In jedem Fall sollte der Unternehmer vor Ausführung auf einer schriftlichen Beauftragung durch den Auftraggeber oder seinen bevollmächtigten Vertreter bestehen. Dies gilt auch und gerade dann, wenn die Maßnahmen eilig sind. Will der Auftraggeber tatsächlich eine Ausführung im Stundenlohn, so wird er den Stundenlohnauftrag dann sehr schnell erteilen. Tut er dies nicht, ist AN auch nicht verpflichtet, die Arbeiten im Stundenlohn auszuführen. Beschafft sich der Auftragnehmer hingegen im laufenden Vertrag keine ausdrückliche Stundenlohnvereinbarung, so wird er – wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt – später große Schwierigkeiten haben, die Arbeiten im Stundenlohn abzurechnen. Die Arbeiten ggf. nach Aufmaß abzurechnen, bleibt ihm aber natürlich unbenommen.

  Quelle: RA Michael Seitz


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