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Planungsfehler: Trotzdem Auftragnehmerhaftung!

22.01.2015

Hat ein Auftraggeber einen Werkmangel mitverschuldet, weil ihm ein Planungsfehler seines Architekten zuzurechnen ist, so führt dies zur Kürzung des Vorschussanspruches für die Ersatzvornahme. Dies gilt indes nicht, wenn AN den Planungsmangel erkannt hat und er seinen Bedenkenhinweis nicht beweisen kann, denn er kann sich dann nicht auf ein mitwirkendes Verschulden des Architekten als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn berufen.

Dies hat das OLG Stuttgart in einem Urteil vom 15.04.2014 (Az.: 10 U 127/13) entschieden.

Der Fall: Architekt Z plant die Errichtung eines Daches mit Aufdachdämmung und durchgehenden Doppelsparren. Im Leistungsverzeichnis weist er darauf hin, dass nach ZVDH-Richtlinien vorgegangen werden müsse. AN beachtet nicht alle in der Richtlinie enthaltenen Details, weshalb das Dach nicht luftdicht ist. Im Prozess lässt AN vortragen, das Problem der Luftdichtigkeit habe er erkannt, Kniestock und Giebel seien so nicht abzudichten gewesen. AG nimmt AN auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung in Höhe rund 42.000,00 € in Anspruch. Das Landgericht spricht den Kostenvorschussanspruch nur in Höhe von 50 % zu, da der Planungsfehler des Architekten dem Bauherrn in dieser Höhe zuzurechnen sei.

Das Urteil: Ganz anders das OLG Stuttgart. Auf die Berufung des Architekten Z (!), dem der Streit verkündet worden war, verurteilt das OLG den Unternehmer in voller Höhe. Zwar liege ein Planungsfehler vor, der Planer dürfe es nämlich nicht dem Unternehmer überlassen, ob beispielhafte Detailzeichnungen oder andere Vorgaben in einer Richtlinie auf das konkrete Bauwerk übertragen werden könnten oder aber geändert werden müssten. Das sei vielmehr Aufgabe des Planers. Der Architekt müsse daher dem Auftraggeber bzw. dem AN konkret mitteilen, ob und welche Änderungen erforderlich seien. Dennoch sei der Anspruch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu kürzen. AN habe den fehlerhaften Plan des Architekten ausgeführt, obwohl er genau erkannt habe, dass der Planungsfehler des Architekten mit Sicherheit zu einem Mangel führen werde.

Er habe den Bauherrn hierauf auch nicht hingewiesen, jedenfalls habe er den angeblich erteilten, mündlichen Hinweis nicht beweisen können. Daher kann sich AN auf ein Mitverschulden des Architekten als Erfüllungsgehilfe des AG nicht berufen.

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Fazit: Ein Fall von geradezu exquisiter Dummheit! AN erkennt den Mangel, weist auf diesen jedoch nur mündlich hin und kann den Bedenkenhinweis so nicht beweisen. Zudem trägt er im Prozess vor, er habe den Planungsfehler erkannt. Damit räumt er ein, den Mangel sozusagen „wissentlich eingebaut“ zu haben. Dies kann jedoch richtigerweise nicht zu Lasten des Bauherrn gehen, daher wird AN in vollem Umfang verurteilt. Besonders pikant ist hier, dass die Berufung von dem streitverkündeten Architekten Z betrieben wurde. Dieser haftet nun für seinen Planungsfehler gar nicht! AG kann von Z nichts verlangen, da er von AN den vollen Vorschuss erhält. Auch ein Gesamtschuldnerinnenausgleich zwischen AN und Z scheidet wohl aus, da hier gerade kein Mitverschulden des AG und damit des Z festgestellt wurde. AN bleibt also auf dem vollen Schaden sitzen!

Bauunternehmer sollten daraus Folgendes lernen: Bei jedem erkannten Planungsfehler sollte der Bedenkenhinweis schriftlich und nicht etwa gegenüber dem Architekten, sondern gegenüber dem Bauherrn erfolgen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum unter Bauunternehmern, dass sie nicht haften, wenn die Ursache für den Mangel in einem Planungsfehler liegt. Der hiesige Fall zeigt besonders anschaulich: Das Gegenteil ist richtig!

  Quelle: RA Michael Seitz


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