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Preisanstiege bei Bauprojekten – wer trägt die Zusatzkosten?

15.06.2022

Oft ist eine Zusammenarbeit von Bauherren und Bauunternehmern entscheidend, damit beide Seiten ohne Schaden davonkommen


Knappe Materialien verteuern Bauprojekte zunehmend. Doch was gilt für einen bereits geschlossenen Bauvertrag? Bauherren müssen in einigen Fällen bei extremen Preissprüngen Nachforderungen des Bauunternehmens nicht akzeptieren – aber das gilt nicht immer.


Wer gerade ein Haus baut, erlebt schwere Zeiten. Baumaterialien sind knapp und werden immer teurer. Dazu kommen Personalengpässe. All das verteuert und verzögert das Bauen. Welche Rechte und Möglichkeiten haben Bauherren in diesem Zusammenhang, ihre im Bauvertrag festgeschriebenen Vereinbarungen durchzusetzen?


Bauverträge oft ungünstig für Bauunternehmer


Ein Blick in den eigenen Bauvertrag gibt Aufschluss darüber, wer für Bauverzögerungen haftet und die Preissteigerungen tragen muss. „In der Regel haben Preissteigerungen keine Auswirkungen auf bestehende Vereinbarungen, denn es werden in Verbraucherbauverträgen grundsätzlich Festpreise zugrunde gelegt“, sagt Rechtsanwalt Florian Herbst von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht des Deutschen Anwaltvereins. Bauherrinnen und -herren haben hier eine gute Rechtsposition, Bauunternehmer dagegen eine eher schlechte. Das sogenannte Materialbeschaffungsrisiko liegt beim Bauunternehmer, sofern im Bauvertrag ein Festpreis vereinbart wurde. Das bedeutet, dass der Bauunternehmer die zusätzlichen Kosten übernehmen muss.


Preisnachforderungen oft im Ermessen des Bauherren


Und doch können Baufirmen während der Bauphase Nachforderungen an Bauherrinnen und -herren stellen, weil sie bestimmte Materialien viel teurer einkaufen müssen als bei Vertragsabschluss absehbar. Als einseitige Vertragsänderung müssen diese Nachforderungen allerdings nicht zwingend vom Bauherren angenommen werden, erklärt Florian Becker.


Allerdings ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn der Bauherr oder die Bauherrin ist ja daran interessiert, den Bau zu Ende zu bringen und keinen Rechtsstreit zu riskieren. „Fairness ist in dieser Situation durchaus angebracht“, so Becker.


Wann sind Preisanpassungen möglich?


In extremen Fällen ist es möglich, dass das Unternehmen einen Anspruch auf Preisanpassung geltend machen darf. „Das ist dann gegeben, wenn das Festhalten am Vertrag unzumutbar wäre - etwa bei einem Risiko, mit dem beide Seiten nicht rechnen konnten“, erklärt Florian Herbst. „Ob das bei extremen Preissteigerungen für Material der Fall ist, muss juristisch geklärt werden.“


Der Teufel steckt oft im Detail. Die Zusicherung der Baufirma, sich an einen vertraglich vereinbarten Festpreis zu halten, ist häufig zeitlich begrenzt. Ist im Vertrag eine bestimmte Bauzeit vereinbart, gilt die Preisbindung nur bis zu der ursprünglich vereinbarten Frist, danach kann unter Umständen eine Preisanpassung folgen. Etwa wenn Verzögerungen den Baubeginn beeinträchtigen. „Das kann zum Beispiel beim Bearbeiten des Bauantrages bei der Baubehörde vorkommen“, so Florian Becker.


Ehrliche Kommunikation ist wichtig


Kommt es zu Bauverzögerungen, muss das Bauunternehmen alle zusätzlichen Kosten tragen. Auch wenn die Firma alles tut, um die notwendigen Materialien zu beschaffen, bleibt sie in der Pflicht. Der Bauherr oder die Bauherrin kann sogar Schadensersatzansprüche geltend machen. Rechtsanwalt Florian Herbst rät, miteinander zu reden. „Man mag ja Schadensersatzforderungen haben, aber ob sie durchsetzbar sind, ist eine andere Frage.“ Seiner Erfahrung nach hat noch kein Bauherr oder keine Bauherrin von der Insolvenz seines Baupartners profitiert. Im Gegenteil: Mehrkosten seien vorprogrammiert.


Verträge mit Preisgleitklauseln


In Verträgen, die jetzt neu abgeschlossen werden, sind die Risiken durch Materialknappheit und Preissteigerungen in der Regel schon eingepreist. „Wir sehen deutlich höhere Preise“, sagt Florian Becker. „Sie erreichen Dimensionen, wo der geschätzte Immobilienwert der finanzierenden Banken deutlich geringer ist als die vertraglich vereinbarte Bausumme.“


Trotzdem ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht und manche Baufirmen wollen sich mit Preisgleitklauseln im Bauvertrag für die Zukunft absichern. „Die sind allerdings oft unwirksam“, sagt Rechtsanwalt Herbst. Unverbindliche Angebote in einem Vertragsangebot seien aber zulässig. Das Bauunternehmen müsse dann jedoch vor Vertragsschluss seine Preise verbindlich bestätigen.

  Quelle: www.rnd.de


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