Sozial, effizient, krisensicher: Von den geplanten Änderungen des Hamburgischen Vergabegesetzes profitieren Unternehmen, deren Beschäftigte und die Beschaffenden gleichermaßen
Der Senat hat am 11. April 2023 die Reform des Vergabegesetzes beschlossen und für die offizielle Verbändeanhörung freigegeben. Entsprechend der Aufträge aus Koalitionsvertrag und Bürgerschaft reformiert die Freie und Hansestadt Hamburg damit ihr Vergabegesetz.
Das Gesetzespaket sieht unter anderem vor, dass der Senat per Rechtsverordnung Mindestentgelte festsetzen soll, die im Rahmen der Durchführung von öffentlichen Aufträgen die Unternehmen an ihre Beschäftigten zahlen müssen – dabei werden die jeweils geltenden Branchentarifverträge mit tariffähigen Gewerkschaften als Grundlage genommen. Der Senat muss alle zwei Jahre die Höhe der in den Verordnungen festgelegten, die Tariflöhne als Grundlage nehmenden Mindestentgelte, erstmals im Jahre 2024, überprüfen – eine wirksame Tariftreue-Regelung wird damit erstmals bei Vergaben in Hamburg verbindlich. Hiermit werden künftig diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser entlohnt, die einen wertvollen Beitrag dazu leisten, dass der Staat seine Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen kann.
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel:
„Hamburg schreibt jährlich Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Volumen von 340 Mio. Euro aus. Mit den geplanten Änderungen des Hamburger Vergabegesetzes nutzen wir die rechtlichen Handlungsspielräume insbesondere, um eine gerechte Entlohnung im Rahmen der Durchführung öffentlicher Aufträge zu gewährleisten – ein Einstieg in echte Tariftreue-Regelungen auch bei uns in Hamburg. Unsere Erwartung ist damit im Grundsatz klar: Wer öffentliche Aufträge will, soll nach Tarif bezahlen! Sozialer und inklusiver wird unser Vergabegesetz auch dadurch, dass mehr Aufträge für Werkstätten für Menschen mit Behinderung vergeben werden sollen, weil inklusive Arbeit im Vergabeverfahren stärker berücksichtigt wird. Daneben entbürokratisieren wir in einer Zeit, in der wir als Stadt auch unter Auftragnehmer-Mangel leiden, das Vergaberecht im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen unter 100.000 Euro. Von diesen Vereinfachungen profitieren Unternehmen, die sich auf öffentliche Aufträge bewerben ebenso wie die Beschaffenden der Stadt, die Verfahren künftig zügiger durchführen können. Naturgemäß haben Gewerkschaften und Wirtschaft unterschiedliche Interessen beim Vergaberecht. Wir haben von beiden Seiten wertvolle Hinweise aufgenommen, rechtlich und administrativ machbare Lösungen ausgelotet. In der nun folgenden Verbändeanhörung können weitere Anregungen aus Expertenkreisen mitgenommen werden, damit wir noch in 2023 mit dem neuen Gesetz bestmöglich starten können. Und dabei werden wir auch die geplante Gesetzesinitiative der Bundesregierung für Bundesvergaben einbeziehen. Klar ist, der Dialog und das Streben nach bestmöglicher Tariftreue für Vergaberegelungen werden weiter gehen.“
Mit den geplanten Reformen wird das Vergaberecht außerdem noch effizienter: Die Beschaffungsstellen der Stadt werden auf fünf Beschaffungs- und Vergabecenter konzentriert. Flankierend hierzu sieht das Gesetz vor, dass bis zum Erreichen eines Wertes von 100.000 Euro im Liefer- und Dienstleistungsbereich ein vereinfachtes Beschaffungsverfahren stattfindet. Oberhalb dieser Schwelle findet wie bislang die sogenannte Unterschwellenvergabeordnung vollständig Anwendung. In diesem Bereich können ökologische und soziale Auswahlkriterien gezielt Eingang in die Vergabeverfahren finden und Steuerungswirkung am Markt entfalten.
Zudem zieht Hamburg als erstes Land die Konsequenzen aus den Krisenszenarien der vergangenen Jahre und ermöglicht im engen Ausnahmefall wie einer Katastrophe oder Pandemie die Aussetzung des Vergaberechts per Rechtsverordnung, um die Handlungsfähigkeit der Stadt in Notlagen sicherzustellen. |