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Schlussrechnung = Fertigstellungsmitteilung!

24.09.2020

von RA Michael Seitz

Mit der Übersendung der Schlussrechnung teilt der Auftragnehmer stillschweigend die Fertigstellung seiner Leistung mit. Sodann gilt die Leistung bei Vereinbarung der VOB/B mit Ablauf von zwölf Werktagen als abgenommen, wenn keine förmliche Abnahme vereinbart oder verlangt wurde.

Dies hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 02.08.2017 (Az.: 26 U 216/16) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 26.02.2020 (Az.: VII ZR 187/17) zurückgewiesen.

Der Fall: AG und AN schließen einen Vertrag über Fassadensanierungsarbeiten unter Einbeziehung der VOB/B. Eine förmliche Abnahme ist nicht vereinbart. AN stellt die Leistungen fertig und übersendet AG anschließend seine Schlussrechnung über knapp 200.000 Euro. AG bezahlt nicht. Er habe die Leistungen nicht abgenommen, die Werklohnforderung sei deshalb nicht fällig. Daraufhin klagt AN den Restwerklohn ein.

Das Urteil: Das OLG Frankfurt gibt AN Recht. Seine Forderung sei fällig. Zwar haben die Parteien die VOB/B vereinbart, eine förmliche Abnahme sei jedoch nicht vereinbart worden. Auch habe nach Übersendung der Schlussrechnung keine der beiden Parteien eine förmliche Abnahme verlangt, was nach § 12 Abs. 1 VOB/B möglich gewesen wäre. Ebenso wenig wurde § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B vertraglich ausgeschlossen. In der Übersendung der Schlussrechnung liege stillschweigend auch die Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung des AN. Daher greife § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B ein. Nach dieser Vorschrift wird die Abnahme fingiert (gilt ... als abgenommen) sofern ab Fertigstellungsmitteilung zwölf Werktage verstrichen sind. Da die Leistung nach der zwischen den Parteien vereinbarten VOB/B also als abgenommen gilt, wurde die Schlussrechnung zu diesem Zeitpunkt auch fällig. Mängel hatte AG nicht eingewandt.

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Fazit: Der § 12 Abs. 5 VOB/B ist für den Auftraggeber eine höchst gefährliche Vorschrift, denn die Abnahme erfolgt gleichsam „automatisch“, also ohne ein Zutun des AG. Aus diesem Grunde wird die Vorschrift des § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B (Abnahme fingiert 12 Tage nach Fertigstellungsmitteilung) ebenso wie die Vorschrift des § 12 Abs. 5 Nr. 2 (Fertigstellung sechs Tage nach Inbenutzungnahme) in den allermeisten Bauverträgen abbedungen, jedenfalls soweit sie vom Auftraggeber gestellt werden. Nach wohl herrschender Auffassung ist ein Ausschluss der Vorschrift des § 12 Abs. 5 VOB/B auch wirksam. Fehlt aber ein solcher Ausschluss ausnahmsweise einmal, so hat die Regelung für den Auftragnehmer höchst erfreuliche Folgen, wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt. Wohl auch deshalb berufen sich Auftragnehmer häufig auf diese Vorschrift, übersehen aber beinahe ebenso häufig, dass sie in den AGB des Auftraggebers ausgeschlossen wurde.

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