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Selbstvornahme ohne Fristsetzung: Keine Mängelansprüche

27.10.2016

von RA Michael Seitz

Beseitigt der Auftraggeber eines Werkvertrages einen Mangel selbst, ohne zuvor dem Werkunternehmer Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben zu haben, stehen ihm weder vertragliche noch gesetzliche Ersatzansprüche zu, es sei denn er trägt substantiiert vor, dass die Nacherfüllung unzumutbar oder die Fristsetzung sonst entbehrlich war.

Dies hat das OLG Koblenz in einem Beschluss vom 23.04.2015 (Az.: 5 U 142/15) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 15.12.2015 (VII ZR 147/15) zurückgewiesen.

Der Fall: AN liefert dem AG eine Holzpelletheizung und baut diese in dessen Haus ein. Später verlangt AG die Rückabwicklung des Vertrages und die Rückzahlung von rund 22.000,00 €, hilfsweise Schadensersatz. Die Regelungstechnik der Anlage habe nicht ordnungsgemäß funktioniert, außerdem sei die Pelletschnecke zu kurz gewesen. Letztere lässt AG durch einen Drittunternehmer auswechseln, ohne AN zuvor unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufzufordern. Hinsichtlich der fehlerhaften Regelungstechnik gesteht das Landgericht dem AG eine Minderung von rund 750,00 € zu. Ein Rücktrittsrecht lehnt es jedoch ab, da der Mangel nur unerheblich sei (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der zu kurzen Pelletschnecke lehnt das Landgericht ab. AG legt Berufung ein.

Das Urteil: Ohne Erfolg. Das OLG Koblenz weist die Berufung als offensichtlich unbegründet zurück. Zwar sei die ursprünglich installierte Pelletschnecke fehlerhaft gewesen. Insoweit hatte AG dem AN jedoch keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben. Erst im Juni 2012 hatte AN die Nachbesserung verlangt. Die neue Pelletschnecke war jedoch von dem Drittunternehmer bereits im April 2012 eingebaut worden. Daher fehlt es an einem wirksamen Nachbesserungsverlangen des AN. Auch seine Behauptung, ein Nachbesserungsverlangen unter Fristsetzung sei ihm unzumutbar gewesen, habe AG nicht substantiiert.

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Fazit: Baut ein Werkunternehmer mangelhaft, so hat er nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, den Mangel nachzubessern. Dieses Recht geht grundsätzlich erst unter, wenn sein Auftraggeber ihm eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt hat und diese fruchtlos verstrichen ist. Erst dann hat der AG sämtliche weiteren Mängelrechte, nämlich Minderung, Ersatzvornahme, unter weiteren Voraussetzungen auch Rücktritt und schließlich Schadensersatz. Nur unter sehr engen Voraussetzungen ist ein solches Nachbesserungsverlangen des AG unter Fristsetzung entbehrlich, etwa wenn AN die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, wenn die Nacherfüllung bereits fehlgeschlagen ist oder wenn sie dem AG sonst unzumutbar ist. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist der AG darlegungs- und beweispflichtig. Hat also AG zur Nachbesserung keine Frist gesetzt und kann er auch nicht beweisen, dass AN die Leistung endgültig verweigert hat, die Nachbesserung bereits fehlgeschlagen oder ihm sonst unzumutbar ist, so stehen dem AG keinerlei Mängelrechte zu. Für den Bauunternehmer bedeutet dies, dass er Mängelrügen vor oder nach Abnahme stets ernst nehmen sollte, insbesondere wenn sie unter Fristsetzung erfolgen. Er sollte den Mangel besehen und sich hierzu eine Meinung bilden. Keinesfalls sollte der Unternehmer die Beseitigung des Mangels rundweg ablehnen, denn dann liegt eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung vor und die Fristsetzung zur Nachbesserung wird entbehrlich!

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