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Sie sehen, was in drei Wochen fertig gewesen wäre

11.05.2012


Nach der Verschiebung der Eröffnung des Hauptstadtflughafens herrscht auf der Baustelle Alltag

-- Von Peter Könnicke --

Der Kioskbetreiber, der seinen Stand an der Baustraße zwischen Terminal und Rollfeld des neuen Hauptstadtflughafens aufgestellt hat, ist schon über die Zeit. Bis 10.30 Uhr will er seine Verkaufsluke eigentlich nur geöffnet haben. "Dann muss ich drinnen die Kantine machen", sagt er. Bockwurst, Bouletten und Kaffee verkauft er an diesem Donnerstagvormittag - am Tag 2 nach der offiziellen Absage des Eröffnungstermins für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) - im Akkord. Und die Schlange der Bauarbeiter ist zu lang, als dass er wie geplant schließen kann.

Gut möglich, dass der Mann ohnehin viel länger als gedacht auf der Airport-Baustelle seine Geschäftsstelle hat. Wann der Flughafen eröffnen wird, weiß niemand: Zwei Tage, nachdem Flughafenchef Rainer Schwarz verkünden musste, dass aufgrund ungelöster Probleme beim Brandschutz und anderer ungeklärter Sicherheitsfragen der 3. Juni als Eröffnungstermin nicht zu halten ist, löst eine Spekulation die andere ab: August, Oktober, November, erst nächstes Jahr - der Start des Flughafens steht in den Sternen.

Betrieb auch in den Schulungsräumen

In der Spezialabteilung "Operational Readiness and Airport Transfer" (Orat), die schon in Athen, Bangkok und Kuala Lumpur half, neue Flughäfen in Betrieb zu nehmen und in Berlin seit Wochen künftige BER-Mitarbeiter schult und freiwillige Flughafentester durch zahlreichen Probeabläufe führt, soll sich nach der Hiobsbotschaft vom Dienstag teilweise Ernüchterung breitgemacht haben. Am Donnerstag blieben die Komparsenzelte, in denen die Probanden für ihren simulierten An- und Abflüge von den Orat-Experten instruiert werden, leer. Wann der Probebetrieb mit Test-Passagieren weitergeht, ist bislang offen. "Weiß ich nicht", sagt ein Orat-Mitarbeiter.

In den Schulungsräumen, in denen die Orat-Dozenten täglich künftige Flughafen-Beschäftigte des Zolls, der Airlines oder der Sicherheitsunternehmen für ihren Dienst vorbereiten, wird indes weiter fleißig unterrichtet.

Typische Baustellenakustik durch Sägen und Bohrer

Auch auf der Baustelle im und vor dem gläsernen Terminalgebäude herrscht reges Handwerker-Treiben. Von Hektik aber keine Spur. "Ich mach hier meinen Job wie geplant", sagt ein Bauarbeiter. Auf der Rückseite des Terminals - an den Ausgängen zum Rollfeld - werden für den Gehwegbereich riesige Pflastersteine verlegt und die Fugen verdichtet. Sägen und Bohrer sorgen für Baustellenakustik. Unter dem Fluggast-Terminal, wo sich auf mehreren hundert Metern Gepäckbänder in verschiedenen Farben an- und übereinanderreihen, ist es still und fast menschenleer. Wenn es - wie in Zeitungen berichtet - tatsächlich auch Probleme mit der Gepäckanlage geben soll, dann ist hier und jetzt davon nichts zu sehen.

"Sie sehen nur das, was in drei Wochen fertig geworden und dann zu sehen gewesen wäre. Was die Probleme macht und zu den Verschiebungen führt, sehen sie nicht", erklärt eine Gästeführerin vor der Airport-World einer Besuchergruppe kurz vor einer Rundfahrt über das Flughafengelände.

Die Besucher werden Gartenbauer sehen, die Böschungen und Rasenflächen begrünen und anlegen, sie werden ein noch immer großes Containerdorf erkennen, in denen die vielen Firmen ihre Büros haben. Vielleicht entdecken sie das neue Steigenberger-Hotel, das nun nicht wie geplant am 3. Juni eröffnet. In der gläsernen Hotel-Fassade spiegeln sich Baufahrzeuge, Baumüll-Container und die noch als Baustelle zu erkennende Eingangsfront des direkt gegenüberliegenden Willy-Brandt-Terminals. Womöglich werden sich die Besucher angesichts des vielen Baumaterials, des irgendwie unfertig und wie ein Rohbau wirkenden Terminals und der vielen kleinen Baustellen auf dem Riesen-Bauplatz fragen, wie das alles hätte werden sollen - in weniger als 30 Tagen. Aber die Frage stellt sich ja nun nicht mehr.

 

  Quelle: dapd


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