Kluge Gebäudetechnik ist auf dem Vormarsch – doch smarte Materialien bleiben trotz ihrer Vorteile weitgehend ungenutzt.
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Zwischen Techniktrend und Wissenslücke
Moderne Gebäudetechnik ist längst Teil vieler Bauvorhaben: Licht- und Heizungssteuerung per App, automatisierte Verschattungssysteme oder digitale Zutrittskontrolle gehören in Neubauten oft zur Grundausstattung. Weniger etabliert, dafür umso vielversprechender, sind sogenannte smarte Materialien. Diese reagieren adaptiv auf ihre Umwelt, verändern etwa ihre Temperaturleitung, Lichtdurchlässigkeit oder Formstabilität – und könnten so einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigem Bauen leisten. Doch laut einer Studie der USP Marketing Consultancy ist das Wissen über diese Materialien in der Branche noch stark begrenzt.
Deutsche Architekturbüros hinken hinterher
Für die Studie wurden im Februar 2025 insgesamt 925 Architekturbüros in Europa befragt, davon 125 in Deutschland. Das Ergebnis zeigt deutlichen Nachholbedarf: Rund 44 Prozent der deutschen Befragten gaben an, keine Kenntnis über smarte Baustoffe zu haben – ein deutlich höherer Wert als im europäischen Vergleich. Während in Südeuropa das Thema bereits stärker in der Fachwelt verankert ist, bleibt es in Deutschland weitgehend unerschlossen.
Smart Home verbreitet, smarte Materialien selten
Die Kluft zeigt sich auch in der Baupraxis. Während intelligente Gebäudetechnik laut Umfrage bereits bei rund jedem dritten Bauprojekt in Deutschland berücksichtigt wird, kommen smarte Materialien bislang nur in etwa jedem zehnten Projekt zum Einsatz. Dabei erwarten viele Planer bis zum Jahr 2030 eine spürbare Trendwende – mit einem potenziellen Einsatz in bis zu jedem zweiten Vorhaben.
Wissen und Wirtschaftlichkeit als größte Hürden
Zwei zentrale Gründe bremsen derzeit den Einsatz intelligenter Baustoffe: fehlende Kenntnisse über konkrete Anwendungsmöglichkeiten und eine als hoch eingeschätzte Kostenstruktur. Auch wenn diese Materialien langfristig Energie sparen und Instandhaltungskosten senken können, fehlt vielen Entscheidungsträgern noch das Vertrauen in ihre Wirtschaftlichkeit.
Aufklärung und Praxisbeispiele dringend notwendig
Die Studienautoren raten zu gezielter Informationsarbeit. Besonders Führungskräfte in Architektur- und Planungsbüros müssten über Einsatzfelder, technische Eigenschaften und wirtschaftliche Vorteile smarter Materialien informiert werden. Hersteller, Berufsverbände und Institutionen seien gefordert, mit Beispielen aus der Praxis, Lebenszyklusanalysen und konkreten Wirtschaftlichkeitsrechnungen für Transparenz zu sorgen.
Wohnungsbau als Türöffner für neue Technologien
Gerade im Wohnungsbau sehen die befragten Planer eine ideale Testfläche für den Einsatz smarter Baustoffe – insbesondere aufgrund der hohen Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Voraussetzung ist jedoch, dass die langfristigen Vorteile den kurzfristigen Investitionsaufwand plausibel rechtfertigen. Gelingt dies, könnten smarte Materialien schon bald ihren Nischenstatus verlieren – und sich als feste Größe im Bauwesen etablieren. |