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Stellt eine "Quersubventionierung" eine unzulässige Mischkalkulation dar?

15.02.2013

Die Vergabekammer Thüringen (VK) hat mit Beschluss vom 28. September 2012 – 250-4002-14693/2012-E-005-SM - Folgendes entschieden:

Es steht dem Bieter im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit frei, erwartete Vorteile und Gewinne, die sich bei bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses ergeben, in anderen Positionen zu verrechnen. Hierin ist keine unzulässige Mischkalkulation zu sehen.

 

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Tiefbauleistungen europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben; einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Das nach Submission günstigste Angebot enthielt in den Positionen „Entsorgen Abfall“ die niedrigsten Angebotspreise, während in der Position „Asphalt“ es die höchsten Einheitspreise aufwies. Im Rahmen der Preisaufklärung legte der Bieter die Urkalkulation offen. Diese wies jeweils einen in Euro ausgewiesenen „Vorteil aus Asphalteinkauf“ aus. Der AG war der Auffassung, dass die Vorteile aus Asphalteinkauf nur bei den Asphaltpositionen hätten berücksichtigt werden dürfen und schloss das Angebot wegen einer „unzulässigen Umlegung von einheitspreisbildenden Bestandteilen“ (Mischkalkulation) aus. Der Bieter wehrte sich hiergegen und trug vor, dass die kalkulierten Vorteile sich aus dem erwarteten Gewinn aus seiner Beteiligung einer Mischgutanlage aus dem Jahr 2012 ergäben. Die VK gibt hier dem Bieter Recht und sieht den Ausschluss wegen Mischkalkulation als vergaberechtswidrig an. Eine unzulässige Mischkalkulation liege dann vor, wenn Kostenbestandteile, die bei einer im Leistungsverzeichnis (LV) vorgesehenen Position zu kalkulieren seien, bei einer anderen Position ausgewiesen würden, ohne dass dieses Vorgehen zumindest offengelegt werde. Denn ein solches Angebot benenne nicht die tatsächlich geforderten Preise gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A. Eine Mischkalkulation erfordere eine „Auf-“ und „Abpreisung“ bestimmter Leistungspositionen und einen kausalen Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen. Hier fehle es bereits an einer „Aufpreisung“, da lediglich einzelne Positionen im LV besonders günstig ausgewiesen würden, ohne dass hiermit eine kausale Aufpreisung anderer Positionen verbunden sei. Der Nachweis, dass Preisbestandteile innerhalb einzelner Positionen verlagert wurden, habe hier der AG nicht erbringen können. Die Tatsache, dass die Vorteile aus dem Asphalteinkauf aufgrund der Beteiligung an einer Mischanlage bei den Asphaltpositionen nicht berücksichtigt worden seien und somit dort eine Realisierung hätte vorgenommen werden müssen, reiche nicht aus. Auf die Erklärung des Bieters hätte der AG feststellen können, dass es sich bei den Einheitspreisanpassungen der Abfallents-orgungsposition nicht um konkrete, projektbezogene Nachlässe oder Rabatte auf Materialien aus bestimmten anderen Positionen des LV gehandelt habe, sondern um die Berücksichtigung von allgemeinen Vorteilen in Form von erwartetem Gewinn aus einer Beteiligung des Bieters. Der Bieter könne im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit autonom entscheiden, an welcher Stelle er Drittmittel zur Preisanpassung von Angebotspreisen nutze, solange eine Kosten- und Preisverlagerung im Angebot selbst nicht stattfinde.

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Anmerkung:

Im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit hat der Bieter die Möglichkeit, erwartete Vorteile und Gewinne innerhalb der Kalkulation zu verschieben, soweit hiermit keine kausale „Aufpreisung“ anderer Positionen verbunden ist. An einem Ausschluss wegen Mischkalkulation werden neue Anforderungen geknüpft. Der AG muss die Verlagerung einzelner Preisbestandteile innerhalb der Position des LV tatsächlich nachweisen. Dies kann im Einzelfall äußerst schwierig sein.

  Quelle: RA Michael Werner


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