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Strom aus der Ostseewelle

04.09.2012

Vor Usedom entsteht das erste Meereswellenkraftwerk in der Ostsee

Von Ralph Sommer
Wenn die Ostseewellen gegen den Strand schlagen, dann mag das für die meisten Menschen Entspannung sein. Für Andreas Wulff ist es schlicht vergeudete Energie. Zwei Jahre lang tüftelte der Wolgaster an einer Lösung, die unglaubliche Naturgewalt nutzen zu können. Nun ist der Ingenieur seiner Vision ein großes Stück näher gekommen. Voraussichtlich am 18. September soll im Hafen Lubmin oder Vierow ein von ihm entwickelter schwimmender Generator mit einem Ponton ins Seegebiet vor der Insel Usedom verschifft werden. Schon wenige Tage später soll das erste Meereswellenkraftwerk der Ostsee vor der Küste von Peenemünde seinen Probebetrieb aufnehmen. Die einzigartige Anlage soll aus mindestens 20 Zentimeter hohen Wellen Elektroenergie im einstelligen Kilowattbereich liefern, die zur Befeuerung und Beheizung der Anlagen genutzt wird. Vorgesehen sei ein siebenjähriger Testversuch, sagt Erfinder Wulff. „Dabei wollen wir Daten erfassen und Erfahrungen für den Serienbau größerer Meereswellenanlagen für den Ozean sammeln“, sagte Wulff. Die Entwicklung des schwimmenden Kraftwerks war vom Land Mecklenburg-Vorpommern mit 143.000 Euro gefördert worden. Bei dem System handle es sich um eine modular aufgebaute Konstruktion mit einem Schwimmer, der die Hubbewegungen der Wellen aufnimmt. Über einen Spezialmechanismus werden die Auf- und Abwärtsschübe dann übertragen und anschließend in Drehbewegungen umgewandelt.Gebaut wurde das Testkraftwerk von der vorpommerschen Stahlbaufirma Hallen- und Anlagenbau (HAB) in Wusterhusen. Das Unternehmen hatte auch schon die ebenfalls von Wulff erfundenen sogenannten Tauchgondeln hergestellt. Mit den mittlerweile an Seebrücken vor Zinnowitz, Sellin, Grömitz und Zingst installierten Unterwasserfahrstühlen können sich Touristen zu Meeresbeobachtungen zum Ostseegrund fahren lassen. Inzwischen gibt es dafür auch schon im polnischen Sopot und im schwedischen Malmö Interessenten.

Anlagen könnten pro Welle und Kilometer 100 Kilowatt liefern
Nach Einschätzung von Wulff könnten Dünungs- und Gezeitenwellen in den nächsten Jahren zu verlässlichen Energielieferanten für dicht besiedelte Küstenstandorte werden. „Bei einer anlaufenden Meereswelle mit 20 Zentimeter Höhe ließe sich eine Energiemenge von 0,1 Kilowatt je Meter erzeugen, pro Kilometer also etwa 100 Kilowatt“, sagt der umtriebige Tüftler. Schon vor zehn Jahren hatte der Berliner Ingenieur Paul Link vorgeschlagen, an der Küste neuartige Buhnensysteme zur Energiegewinnung zu installieren. Statt der üblichen Holzpfähle wollte er spezielle Hülsen in den Sand rammen lassen, in denen sich im Wellentakt zylinderförmige Schwimmkörper bewegen. Die Idee scheiterte allerdings aus finanziellen Gründen, aber auch, weil niemand unmittelbar am Strand lange Wellenkraftwerke dulden würde.

Sinnvoll wäre Kopplung mit Energiespeichern
Daher plädiert Wulff für Offshore-Anlagen oder Bojen-Wellenparks, die etwa fünf Kilometer vor der Küste die Kraft von bis zu zehn Meter hohen Wellen in Energie umwandeln könnten. Da Wellen und starker Wind oft in den späten Abendstunden auftreten, in denen niemand riesige Energiemengen benötigt, schlägt er eine Kopplung mit Energiespeichern vor. So könnte mit dem regenerativ erzeugten Strom über Elektrolyse Wasserstoff produziert werden, der mit Transportschiffen eingesammelt wird. Eine weitere Möglichkeit wäre die Umwandlung in Druckluft, die bis zu ihrer energetischen Nutzung in unterirdischen Speichern oder zum Beispiel in den alten Stahlbetonblöcken des früheren Kernkraftwerks Lubmin deponiert werden könnte. Auch Schwungradspeicherkraftwerke, die sich in einer Vakuumhalle mit großen Drehzahlen bewegen und über Nacht aufgeladen werden, hält Wulff für möglich. Es ist ja auch erst eine Pilotanlage.

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Foto: Jens Köhler / dapd

  Quelle: dapd


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