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Studie: wie Megatrends das Bauen bis 2030 verändern

12.04.2021

Natürlich kennt niemand die Zukunft. Doch dass die Bauwelt 2030 anders aussehen wird als heute, kann man bereits mit Sicherheit sagen: Dafür sorgen die großen Einflussfaktoren, Entwicklungslinien und technologischen Veränderungen, die mehr oder weniger alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft prägen: eben die umfassenden „Megatrends“ mit einem Wirkungshorizont über Jahre und Jahrzehnte. Dazu gehört die Klimakrise genauso wie der demografische Wandel oder die umfassende Digitalisierung aller Wirtschafts- und Lebensbereiche. BauInfoConsult hat in einer neuen Studie ein möglichst realistisches Szenario entworfen, wie die Baubranche in zehn Jahren aufgestellt sein wird. Eine Grundtendenz wird dabei klar: Das Bauen wird grüner, digitaler und vernetzter.

Grundsätzlich ist die Bauwirtschaft in einer guten Ausgangslage: So gehört sie zu den Wirtschaftszweigen, die unter der Coronakrise mit am wenigsten zu leiden haben und dürfte. Zudem dürfte es am Bau auch in den Jahren nach Überwindung der Pandemie weiter gut zu tun geben: Der Bevölkerungsrückgang ist durch den demografischen Wandel zwar langfristig unvermeidlich, wird aber bis 2030 weiter durch Migrationseffekte und Geburtenzu-gänge überlagert. Dementsprechend wird die Wohn- und Baunachfrage nicht unbedingt kleiner werden, zumal die Zahl der kleinen Haushalte weiter zunimmt.

Zugleich wird sich die angespannte Lage in den Metropolen am Wohnungsmarkt bis 2030 erheblich entspannen. Doch dafür ziehen die Wohnungsmärkte an neuen Standorten deutlich an. Erhöhte Marktchancen haben insbesondere energetische Sanierungs- und barrierefreie Modernisierungsmaßnahmen. Um dem regional höchst unterschiedlichen Nachfragebedarf zielgerichteter zu begegnen, sollten alle Marktakteure ihre Zielsegmente verstärkt mit regional differenzierten Ansätzen bearbeiten – so die Empfehlung der Studienautoren.

Das Comeback der Solarenergie
Im Rahmen der Energiewende sind im kommenden Jahrzehnt die regenerativen Energieträger unweigerlich auf dem Vormarsch. Dabei gibt es einige Überraschungen. Noch vor wenigen Jahren flüsterten sich Branchenkenner hinter vorgehaltener Hand zu: „Das Solargeschäft ist im Grunde vorbei.“ Doch laut einhelliger Expertenmeinung dürfte gerade das Solarenergiesegment bis 2030 und einen verstärkten Ausbau am Markt erleben. Die Vorteile der Dezentralität sprechen für sich und könnten (nicht nur) die Windkraft, den einstigen Klassenprimus der Erneuerbaren, bald alt aussehen lassen.

Nachhaltiges Bauen, Recycling und „graue“ Energie könnten die Produktlandschaft umkrempeln

Bislang haben sich die gesetzlichen Bestimmungen und umgesetzten Maßnahmen zur Energieeinsparung bei Gebäuden überwiegend mit den Möglichkeiten der Verbrauchsreduzierung bei der direkten Gebäudebetriebsenergie beschäftigt. Ein zentrales Zukunftsthema ist zunehmend der Aspekt der „grauen Energie“, also ein Ansatz, der alle verursachten Emissionen von der ersten Produktion der verwendeten Baustoffe bis zum Abriss des Gebäudes mitberücksichtigt.

Dieser „graue“ Energieverbrauch, der in den verbauten Materialien steckt, macht 40 bis 50 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus. Da die für 2050 anvisierte Ziele eines CO₂-neutralen Gebäudebestands nicht ohne die Be-rücksichtigung der grauen Energieanteile möglich sind, wird die graue Energie sich über kurz oder lang in den gesetzlichen Anforderungen an das Bauen und an Baumaterialien niederschlagen – hier werden die Hersteller im Vorteil sein, die bereits vorausschauend die eigenen Materialgewinnungs- und Produktionsprozesse sowie die Transportwege so energieschonend wie möglich umgestalten.

Modulares Bauen: eher “Custom-made” als “One size fits all”
Im internationalen Vergleich ist das modulare Bauen in Deutschland noch vergleichsweise wenig verbreitet. Bis 2030 wird jedoch insbesondere der Trend zu vorgefertigten Einzelkomponenten zunehmen. Zwar steht die individuelle Natur der meisten Bauprojekte und Produktanwendungen einem flächendeckenden „One size fits all“-Ansatz hierzulande entgegen. Smartere Maß-Vorfertigung von Bauteilen, die diese individuellen Unterschiede bereits „ab Werk“ berücksichtigen können, werden jedoch aufgrund der Fortschritte bei der Digitalisierung auf jeden Fall ein erhöhtes Potenzial haben.

Integrale Planung, BIM, Blockchain, smarte Lieferketten, KI und Co …
Bis 2030 könnten integral geplante und realisierte Bauprojekte bereits verstärkt zur gelebten Baupraxis gehören. Dafür spricht z. B. die stärkere praktische Anwendung von innovativen Bau- und Planungsmethoden wir BIM. Nicht zuletzt durch Blockchain-Anwendungen werden auch logistische Prozesse durch „smarte“ Lieferketten wesentlich effizienter ablaufen können.

Weniger auf den ersten Blick „direkt sichtbar“ als die Nutzung von BIM, aber womöglich mit einem noch stärkeren Impuls werden sich die Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz (KI) im Zeitraum bis 2030 ausbreiten. So werden vorausschauende KI-Anwendungen bei der Clash-Detection im Bauprozess, aber auch als Unterstützung für die Gebäudekalkulation auf deutschen Baustellen immer mehr Einzug halten. Auch für Robotik am Bau bergen sich dann noch weitaus ambitioniertere Möglichkeiten.

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Foto: www.bauinfoconsult.de

Trotz technologischer Möglichkeiten auch 2030 noch eine Entwicklung der „zwei Geschwindigkeiten“
Dennoch wird das bekannte Problem des schleppenden Digitalisierungstempos in Deutschland sich in den nächsten Jahren bis 2030 nicht einfach in Luft auflösen, zumal bei zahlreichen kleinbetrieblich aufgestellten Verarbeitern und Planern am Bau. Die Bauwirtschaft wird daher bis 2030 noch zweigleisig fahren: die alte „analoge“ Bauwelt bleibt parallel zu der immer deutlicher zutage tretenden digitaleren Entwicklung also vielerorts wohl noch weiter bestehen.

Eine vorrangige Aufgabe bleibt daher bis 2030 die digitale Anschlussfähigkeit der Bauwirtschaft an die oben beschriebenen Entwicklungen voranzutreiben. Denn einige der in der Studie identifizierten innovativen Entwicklungen wären jetzt schon mehr oder weniger umsetzbar, wenn genügend Firmen die technischen Grundbedingungen dafür bereits implementiert hätten.

  Quelle: www.bauinfoconsult.de


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