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Tiefbauer darf auf Leitungsplan vertrauen!

20.07.2017

von RA Michael Seitz

Ein Tiefbauunternehmer hat sich vor Beginn der Baumaßnahme Gewissheit über die Lage von Versorgungsleitungen im Boden zu verschaffen, insoweit besteht eine Erkundigungspflicht gegenüber den Versorgungsunternehmen. Einem vom zuständigen Versorgungsunternehmen übergebenen Bestandsplan darf der Unternehmer insoweit vertrauen, dass über die dort eingezeichneten Leitungen hinaus weitere Leitungen nicht vorhanden sind; weitere Erkundigungen muss er dann nicht einholen.

Dies hat das OLG Brandenburg in einem Urteil vom 05.04.2017 (Az.: 4 U 24/16) entschieden.

Der Fall: AN führt Tiefbauarbeiten durch und beschädigt dabei die Schmutzwasserleitung der Wasserwerke W. W nimmt daraufhin AN auf Schadensersatz in Anspruch, obwohl die beschädigte Leitung auf dem von W zuvor zur Verfügung gestellten Bestandsplänen nicht eingezeichnet war. In einem Merkblatt zu dem Bestandsplan wies W allerdings darauf hin, dass stets eine Einweisung vor Ort durch einen Mitarbeiter des W erfolgen müsse. Vor dem Landgericht hat W keinen Erfolg. AN sei ein Sorgfaltspflichtverstoß nicht nachzuweisen. Dagegen legt W Berufung ein.

Das Urteil: Das OLG Brandenburg entscheidet ebenso wie das Landgericht. Zwar müsse sich ein Tiefbauarbeiter gegenüber den zuständigen Versorgungsunternehmen erkundigen, ob in dem vorgesehenen Baufeld Versorgungsleitungen liegen. Führen diese Erkundigungen zu keinem Ergebnis, hat sich der Unternehmer auf andere Weise Gewissheit zu verschaffen, etwa durch Handschachtung. Erhält AN jedoch eine Bestandsauskunft, aus der sich die Lage der vorhandenen Leitungen ergibt, so muss er nicht damit rechnen, dass weitere Leitungen im Plan überhaupt nicht verzeichnet sind. Daher muss er nach solchen Leitungen auch nicht suchen. Auch die Tatsache, dass W in seinen Merkblättern darauf hingewiesen hat, dass zwingend eine Einweisung durch seine Mitarbeiter erfolgen müsse, ändere hieran nichts. Dabei handele es sich nicht um Rechtsnormen, die den gesetzlichen Rahmen der Schadensersatzhaftung, insbesondere den Umfang der Verkehrssicherungspflichten, erweitern würden. Daher hat AN hier mit der Einholung und Beachtung des Bestandsplans nicht gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen.

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Fazit: Der hiesige Fall ist in dieser oder ähnlicher Form immer wieder einmal ein Streitpunkt zwischen den Versorgungsträgern und Tiefbauunternehmern. Dabei sind die allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts anzuwenden, da zwischen dem Unternehmer und dem Versorger in der Regel kein Vertrag besteht. Die Sorgfaltspflichten, die ein Tiefbauunternehmer in einem solchen Fall treffen, hat das OLG Brandenburg hier anschaulich und praxistauglich aufgezeigt. Genügt der Unternehmer seiner Erkundigungspflicht und holt einen Bestandsplan ein, so darf er sich auf diesen grundsätzlich verlassen. Er muss nicht damit rechnen, dass im Baufeld Leitungen liegen, die im Bestandsplan überhaupt nicht verzeichnet sind. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Tiefbauer tatsächliche Anhaltspunkte dafür hat, dass die Leitungen anders verlaufen als im Bestandsplan. Dann muss er weitergehende Erkundigungen einholen.

Erfreulich ist auch die Klarstellung des OLG, das etwaige Merkblätter, die weitergehende Sorgfaltspflichten vom Unternehmer verlangen, dessen Verkehrssicherungspflichten und damit seine Haftung nicht erweitern.


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