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Umkehr der Beweislast für Mängel in AGB?

10.07.2014

Nach der Abnahme obliegt es grundsätzlich dem AG, nachzuweisen, dass festgestellte Mängel auf Arbeiten zurückzuführen sind, die der AN ausgeführt hat. Deshalb ist eine Klausel in AGB des AG, wonach AN auch für die Zeit nach Abnahme die Darlegungs- und Beweislast für eine mangelfreie Leistung trägt, unwirksam.

Dies hat der BGH in einem Beschluss vom 6. Februar 2014 (Az.: VII ZR 160/12) entschieden.

Der Fall: AG, ein Bauträger, lässt von AN, einem Generalunternehmer, einen Wohn- und Bürokomplex errichten. Nachdem AG im Zuge der Übergabe an einzelne Erwerber etliche Mängel feststellt, spricht er eine Reihe von Teilkündigungen gegenüber AN aus, unter anderem auch für die Parkettarbeiten.

Die Abnahme zwischen AG und AN erfolgt am 1. August 2000. In der Folgezeit beanstanden die Erwerber einen erhöhten Trittschall. Ein Sachverständiger stellt Schallbrücken durch Parkettkleber in den Estrichrandbereichen und Randfugen fest. GU beruft sich darauf, dass die Schallbrücken im Zuge eines großflächigen Austausches des Parketts durch AG im Rahmen von Rest- und Mängelbeseitigungsarbeiten nach der Kündigung durch einen dritten Unternehmer und teilweise sogar erst nach Abnahme entstanden sind. Das Kammergericht (KG) verurteilt AN zu einem Vorschuss in Höhe von 430.000,00 €. Die Beweislast dafür, dass die Mängel erst nach Kündigung entstanden sind, sieht das KG bei AN, unter anderem aufgrund einer Regelung im GU-Vertrag, nach der AN trotz nachträglicher Eingriffe in seine Leistung die Mangelfreiheit derselben auch nach Abnahme beweisen muss.

Die Entscheidung: Ganz anders der BGH! Er hebt das Urteil auf und verweist die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Kammergericht zurück. Dabei verpflichtet er das KG, auch die Darlegungs- und Beweislast neu zu prüfen. Mit der Abnahme geht die Beweislast für nach Abnahme gerügte Mängel auf den Auftraggeber über. Davon wird auch die Frage erfasst, ob die Ursache für die Mängel auf eine Leistung des AN zurückzuführen ist. Es ist also an AG, zu beweisen, dass der vom Sachverständigen festgestellte erhöhte Trittschallpegel auf Arbeiten des AN (und nicht etwa auf Arbeiten eines im Anschluss an die Kündigung neu beauftragten Unternehmers) zurückzuführen ist. Nach Auffassung des BGH kann von dieser Beweislastverteilung auch nicht durch eine Klausel in den AGB des Auftraggebers abgewichen werden, nach der AN auch noch nach Abnahme die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelfreie Leistung trägt. Auch im unternehmerischen Rechtsverkehr sind Klauseln, die einem Vertragspartner (AN) die Beweislast für einen Umstand auferlegen, der dem Verantwortungsbereich des anderen Vertragspartners (AG) zuzurechnen ist, ein Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild, wie es in § 640 BGB zugrunde gelegt ist. Sie sind daher unangemessen und deshalb unwirksam. Die nach Kündigung durchgeführten Arbeiten sind nämlich nicht dem Verantwortungsbereich des AN, sondern vielmehr demjenigen des AG zuzurechnen. Er trägt daher die Beweislast dafür, dass die Mängel von AN zu verantworten sind.

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Fazit: Gerade professionelle Auftraggeber, die regelmäßig die umfangreichen Vertragsbedingungen einseitig stellen, versuchen nur allzu gern, ihre ohnehin weitreichenden Mängelrechte noch weiter zu ihren Gunsten auf den Auftragnehmer auszudehnen. Dem schiebt der BGH hier für Fälle, in denen durch AGB die Beweislast für die Mangelfreiheit der Leistung auch nach Abnahme auf AN abgewälzt werden soll, einen Riegel vor. Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie außerordentlich wichtig die Abnahme für den AN in einem Bauvertrag ist. Denn gerade in Fällen, in denen mehrere Gewerke neben- oder nacheinander an dem Werk gearbeitet haben, lässt sich häufig nicht eindeutig aufklären, wer den Mangel verursacht hat. Dann entscheidet das Gericht nach Beweislastregeln, und das heißt: Derjenige, der den Mangel (bzw. die Mangelfreiheit) zu beweisen hat und diesen Beweis nicht führen kann, verliert den Prozess! Im vorliegenden Fall wäre die Sache also zweifelsfrei anders ausgegangen, hätte eine Abnahme nicht stattgefunden.

  Quelle: RA Michael Seitz


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