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Unternehmer muss Baugrund nicht untersuchen!

22.10.2015

von RA Michael Seitz

Ein Mangel der Bauleistung liegt nicht vor, wenn Bodenplatte und Erdgeschossdecke deshalb nicht hinreichend tragfähig sind, weil es an der Tragfähigkeit des Baugrundes mangelt. Das Baugrundrisiko trägt grundsätzlich der AG, es sei denn, AN ist vertraglich dazu verpflichtet, den Baugrund zu prüfen und er hatte diese Prüf- und ggf. auch seine Hinweispflicht verletzt.

Dies hat das OLG Jena in einem Urteil vom 10.04.2013 (Az.: 2 U 571/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 25.06.2015 (Az.: VII ZR 108/13) zurückgewiesen.

Der Fall: AN erstellt für AG einen Rohbau. AG behauptet, dieser sei nicht standfest und müsse abgebrochen werden. Er verlangt von AN Rückzahlung des Werklohns sowie die Erstattung der Kosten für den Abbruch des Rohbaus. In dem daraufhin eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren stellt ein Sachverständiger fest, dass Erdgeschossdecke und Bodenplatte nicht hinreichend tragfähig seien. Dies sei jedoch nicht auf die (allerdings ebenfalls mangelhafte) Ausführung des Rohbaus, sondern vielmehr auf die mangelnde Tragfähigkeit des darunterliegenden Untergrundes zurückzuführen. AG klagt die Werklohnrückzahlung und die Abbruchkosten ein.

Das Urteil: Ebenso wie das Landgericht weist das OLG Jena die Klage ab. Die nicht hinreichende Tragfähigkeit von Bodenplatte und Erdgeschossdecke sei nicht auf die Ausführung des Rohbaus, sondern auf die mangelnde Tragfähigkeit des Baugrundes zurückzuführen. Selbst bei mangelfreier Ausführung im Übrigen wäre das Gebäude nicht standsicher. Das Baugrundrisiko aber trage grundsätzlich der Auftraggeber, es sei denn, AN sei verpflichtet gewesen, den Baugrund zu prüfen und habe dies unterlassen oder er habe den Baugrund zwar geprüft, jedoch den Hinweis auf die mangelnde Tragfähigkeit unterlassen. Eine solche vertragliche Verpflichtung fand sich im vorliegenden Vertrag aber nicht. Auch die Übergabe der Genehmigungsstatik an AN, aus der sich ergab, dass die angesetzten Bodenwerte zu überprüfen seien, stelle keine vertragliche Verpflichtung des AN zur Prüfung des Baugrundes dar, denn dies sei allein Sache des Bauherrn.

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Fazit: Die Entscheidung ist sicher zu begrüßen, überträgt sie doch jedenfalls grundsätzlich (sofern nicht eine andere vertragliche Vereinbarung vorliegt) das Baugrundrisiko dem Bauherrn. Auch im vorliegenden Fall wollte der Bauherr offensichtlich die Kosten der Baugrunduntersuchung sparen und das Risiko auf den Bauunternehmer abwälzen. Allerdings steht diese Entscheidung scheinbar im Gegensatz zur Entscheidung des OLG München vom 10.12.2013 (Az.: 28 U 732/11, besprochen im Submissionsanzeiger Nr. 140 vom 23.07.2015). Dort hatte das OLG München - ebenfalls mit Billigung des BGH - gerade festgestellt, dass das Baugrundrisiko kein vom Auftraggeber zur Verfügung gestellter Baustoff sei, für den der Auftraggeber stets einzustehen habe. Anders als im vorliegenden Fall hatten dort aber die Parteien durch Vertrag ausdrücklich vereinbart, dass vom Unternehmer das Risiko, dass seine Bohrarbeiten auch auf einen anderen als den angenommenen Baugrund träfen, vom Unternehmer zu tragen sei. Daher widersprechen sich diese beiden Entscheidungen gerade nicht. Dem Unternehmer ist zu raten, stets genau im Vertrag zu prüfen, welche Risiken er hinsichtlich des Baugrundes übernommen hat. Trägt er das Baugrundrisiko nach dem Vertrag, muss bei anderen als den angenommenen Bodenverhältnissen einen entsprechenden Bedenkenhinweis geben.

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