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Unzulässiger Angebotsausschluss bei unklaren Eignungsanforderungen

13.07.2012

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 26. März 2012 – Verg 4/12 - folgendes entschieden:

Der Auftraggeber hat bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben,
welche Nachweise zur Beurteilung der Eignung vom Bieter vorzulegen sind.
Diese müssen im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf
einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise
beschaffen können.


Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot
vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen zudem klar und widerspruchsfrei sein.
Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers.


Ein Auftraggeber (AG) hatte die Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln europaweit ausgeschrieben. Der AG schloss einen Bieter später mit seinem Angebot auf das Los F aus, da dieser seine Eignung mit Blick auf die „berufspraktische Erfahrung“ einer Mitarbeiterin nicht ausreichend nachgewiesen habe. Der Bieter wandte ein, der AG habe diese in seiner Bekanntmachung nicht genau definiert. Im Übrigen seien ein studienbegleitendes Praktikum dieser Mitarbeiterin in der Personalabteilung einer Klinik, deren weitere berufspraktische Erfahrungen bis zum Vertragsbeginn sowie die Qualifikationen anderer Mitarbeiter zu den Losen A bis E zu berücksichtigen. Die Vergabe-kammer hatte den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Dagegen erhob der Bieter sofortige Beschwerde zum OLG.
Das OLG gibt hier dem Bieter Recht. Der AG habe das Angebot des Bieters nicht wegen fehlender Eignung ausschließen dürfen, weil er die beizubringenden Eignungsnachweise hinsichtlich des Inhalts, der Art und des Vorlagezeitpunkts nicht klar und eindeutig gefordert habe. Die Anforderungen seien unklar und lückenhaft. Der AG habe bereits in der Vergabekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Beurteilung der Eignung vom Bieter vorzulegen seien. Diese müssten im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise beschaffen könnten. Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweisen müssten klar und widerspruchsfrei sein; Unklarheiten und Widersprüche gingen zu Lasten des Auftraggebers. Hier habe die Bekanntmachung offen gelassen, welche Tätigkeiten als berufspraktische Erfahrungen anerkannt werden konnten, welcher konkrete Bezug zur Hilfsmittelversorgung gegeben sein müsse, ob der Nachweis durch Eigen- oder Fremderklärungen durchgeführt werden sollte und ob der Begriff der „Qualifikation“ die absolvierte Ausbildung oder die erworbene berufspraktische Erfahrung betreffen sollte. Der AG hätte hier die berufspraktischen Erfahrungen bis zum Vertragsbeginn berücksichtigen müssen. Zwar hätte der AG das Praktikum der Mitarbeiterin außer Betracht lassen dürfen, da ein studienbegleitendes Praktikum vorwiegend Ausbildungs- und Lerncharakter habe und keine berufliche oder berufspraktische Tätigkeit darstelle. Der AG sei auch nicht verpflichtet gewesen, das vom Bieter bei den übrigen Losen angegebene Fachpersonal zu werten, weil er ihre Anforderungen den Losen zugeordnet habe. Allerdings sei der AG nicht berechtigt gewesen, das Angebot des Bieters wegen fehlender Eignung von der Wertung auszuschließen, weil er die verlangten Nachweise nicht in einer abschließenden Liste („Checkliste Eignung“) aufgeführt habe. Nach der Rechtsprechung des Senats müsse der AG sämtliche verlangte Nachweise in einer solchen „Checkliste“ aufführen und diese spätestens mit den Vergabeunterlagen bekanntgeben.

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Anmerkung:
Die Entscheidung ist insoweit zu begrüßen, da so unklare Begriffe wie „berufspraktische Erfahrungen“ es den Auftraggebern regelmäßig ermöglichen, die Anforderungen im Detail in Kenntnis der Angebote festzulegen, um quasi das Ergebnis der Ausschreibung noch „steuern“ zu können. Diesen Manipulationsmöglichkeiten soll der Beschluss des OLG Düsseldorf entgegenwirken.

  Quelle: RA Michael Werner


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