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VOB/B muss übergeben werden!

22.06.2017

von RA Michael Seitz

Verbraucher-Bauherr:

Die wirksame Einbeziehung der VOB/B auf Initiative des Bauunternehmers setzt voraus, dass der Verbraucher vor oder bei Vertragsschluss Gelegenheit hatte, die VOB inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen. Hierauf kann verzichtet werden, wenn der Verbraucher seinen Architekten in die Vertragsverhandlungen eingebunden hatte.

Dies hat das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 03.04.2017 (Az.: 29 U 169/16) entschieden.

Der Fall: AG, ein privater Bauherr, beauftragt AN, einen Dachdecker, mit einer Dachterrassenabdeckung. In dem Leistungsverzeichnis, das von AG unterschrieben wird, erklärt AN, auf Basis der neuesten VOB/B zu arbeiten. Später rügt AG Mängel und verlangt von AN Kostenvorschuss in Höhe von 24.000,00 Euro. Streitig ist unter anderem, ob die VOB/B Vertragsinhalt wurde.

Das Urteil: Ebenso wie das Landgericht ist auch das OLG der Auffassung, die VOB/B sei nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, sodass die Vorschriften des BGB für den Umfang der vertraglichen Pflichten zwischen AG und AN maßgeblich sind. Eine wirksame Einbeziehung der VOB/B setze nämlich voraus, dass der Verbraucher vor oder bei Vertragsschluss Gelegenheit hatte, die VOB/B inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen. Dies war jedoch nicht der Fall, da AN sie seinem Angebot nicht beigefügt hatte. Zwar könne auf die Vorlage der VOB/B verzichtet werden, wenn ein fachkundiger Architekt für den AG tätig sei. Das war hier zwar der Fall, jedoch konnte AG nicht beweisen, dass dieser in die Vertragsverhandlungen eingebunden war.

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Fazit: Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung und ist im Ergebnis für AN sogar erfreulich, und zwar aus folgenden Gründen: Die VOB/B hat den Charakter von AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen). Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen betrachtet die Unwirksamkeit von AGB ausschließlich aus der Sicht des Verwendungsgegners. Gemessen am AGB-Recht sind viele Klauseln der VOB/B unwirksam. Das hat zur Folge, dass alle für den Verwender (denjenigen, der die VOB/B in den Vertrag einbezieht) günstigen Klauseln unwirksam sind, die für den Verwendungsgegner (hier: AG) günstigen Klauseln bleiben hingegen erhalten. Während im kaufmännischen Geschäftsverkehr die Rechtsprechung die VOB/B jedenfalls dann privilegiert, wenn sie „als Ganzes“ vereinbart wird, ist dies bei Verträgen mit Verbrauchern nicht der Fall. Ist also AN Verwender, so sind alle für ihn günstigen Klauseln der VOB/B im Zweifel unwirksam, diejenigen, die AG begünstigen, bleiben hingegen wirksam. Aus diesem Grunde ist zu empfehlen, die VOB/B gegenüber Verbrauchern überhaupt nicht zu verwenden! Sie hat nämlich in dieser Konstellation für AN mehr Nach- als Vorteile. Stattdessen sollten die Verbraucherbauverträge, die unser Zentralverband gemeinsam mit Haus und Grund entwickelt hat, verwendet werden. Diese können unter www.bau-innung.de heruntergeladen werden.

Wiederum anders ist es im Übrigen, wenn nicht AN, sondern der Verbraucher-AG die VOB/B in den Vertrag mit einbezieht, beispielsweise weil der für ihn tätige Architekt diesen Vertrag entworfen hat. Dann nämlich ist AG Verwender und AN Verwendungsgegner. Mithin fallen grundsätzlich alle für AG günstigen Klauseln aus der VOB/B heraus, die für AN günstigen Klauseln bleiben hingegen erhalten. Verlangt also der Verbraucher – aus welchen Gründen auch immer – die Einbeziehung der VOB/B, so können derartige Verträge von AN ohne weiteres unterschrieben werden!


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