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VOF-Verfahren: Zu Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie zur Höchstzahl von Teilnehmern

25.02.2014

Das OLG München hat mit Beschluss vom 21.11.2013 – Verg 9/13 – u.a. Folgendes entschieden:

• Wurde in der Bekanntmachung eine Höchstzahl von Bewerbern genannt, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden und zugleich darauf verwiesen, dass die Auswahl der Bewerber zur Angebotsabgabe und Aufforderung zur Verhandlung entsprechend § 10 VOF erfolgen werde, ist es grundsätzlich unzulässig, mehr Bewerber zur Verhandlung aufzufordern als ursprünglich vorgesehen.

• Auch im VOF-Verfahren ist – jedenfalls derzeit – streng zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien zu unterscheiden; fragt die Vergabestelle bereits im Zuge der Eignungsprüfung konkret die Erfahrung und die Qualifikation einzelner Mitarbeiter des Bewerbers mit vergleichbaren Projekten ab, kann dieser Aspekt nicht nochmals als Zuschlagskriterium herangezogen werden.

Eine Kommune hatte Ingenieurleistungen für den Neubau einer Ortsumgehungsstraße im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorherigem Teilnahmewettbewerb gemäß § 3 Abs. 1 VOF ausgeschrieben. Ausweislich der Bekanntmachung sollten mindestens drei und höchstens sechs Teilnehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Der AG gab ferner an, die Auswahl der Bewerber entsprechend §§ 10 und 11 VOF vorzunehmen. Im Rahmen der Eignungsprüfung fragte er bei den Bewerbern u.a. die besondere Qualifikation und Erfahrung von Mitarbeitern für Planung, Ausführung und Bauüberwachung vergleichbarer Vorhaben ab und bewertete diese. Den zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerbern übermittelte er u.a. zwei Bewertungsbögen, in denen die Bieter Fragen schriftlich beantworten sollten. Gefordert waren u.a. nähere Informationen zu Qualifikation und Erfahrung des Gesamtprojektleiters sowie weiterer eingesetzter Mitarbeiter.

Nach Auswertung der Eignungsprüfung lagen zwei Bewerber gleichrangig auf dem 6. Rang. Der AG entschied deshalb, sieben Bewerber zur Angebotsabgabe und Teilnahme am Verhandlungsverfahren aufzufordern. Der letztlich drittplatzierte Bieter beanstandete sowohl einen Teil der Zuschlagskriterien und begründete dies damit, dass die Qualifikation und Erfahrung der eingesetzten Mitarbeiter bereits Gegenstand der Eignungsprüfung im Teilnahmewettbewerb gewesen seien; sie dürften daher nicht als Zuschlagskriterien gewertet werden. Des Weiteren sehe er seine Zuschlagschancen durch die nachträgliche Aufstockung auf sieben Teilnehmer verschlechtert.

Das OLG München gibt hier dem Bieter Recht.

Zwar habe der AG ein berechtigtes Interesse, ein technisch schwieriges und umfangreiches Bauprojekt in die Hand eines besonders erfahrenen und zuverlässigen Auftragnehmers zu legen. Dies ändere hier jedoch nichts daran, dass der Grundsatz der strikten Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bislang weder in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch auf EU-Ebene aufgegeben worden sei. Das OLG sehe jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keinen hinreichenden Grund, von der grundsätzlichen Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien auch im Bereich des VOF-Verfahrens abzurücken. Demnach seien bei der Vergabe des Auftrags nach § 11 Abs. 5 VOF als Zuschlagskriterien alle Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienten (auftragsbezogene Kriterien), sondern im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des Auftrags zusammenhingen (personenbezogene Eignungskriterien). Auch eine Berücksichtigung von projektbezogenen Eignungskriterien oder von noch nicht im Rahmen der allgemeinen Eignungsprüfung „verbrauchten“ Eignungskriterien sei unzulässig. Als Zuschlagskriterien seien somit alle Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienten, sondern im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des Auftrags zusammenhingen. Deshalb dürfte der AG die Qualifikation und Erfahrung der Mitarbeiter hier nicht als Zuschlagskriterium festlegen.

Ebenfalls verstoße die Erweiterung des Teilnehmerkreises gegen das Vergaberecht. Die Beteiligung von sieben statt sechs Teilnehmern am Teilnahmewettbewerb verstoße gegen die Vorgaben in der Bekanntmachung. In dieser habe der AG eine verbindliche Spanne für die Zahl der Bewerber bekannt gemacht, innerhalb derer er eine Auswahl für die Verhandlung vornehme und darauf verwiesen, dass die Auswahl der Bewerber entsprechend §§ 10 und 11 VOF erfolge. Unzweifelhaft sei der AG von der Bekanntmachung abgewichen, indem er die beiden Bewerber, die nach der Auswertung der Eignungsprüfung gleichrangig auf Platz 6 lagen, zur Angebotsabgabe aufgefordert habe. Dass er ohne nähere Begründung berechtigt gewesen wäre, die festgelegte und bekannt gemachte Höchstzahl zu überschreiten, zumal wenn er in der Bekanntmachung ausdrücklich auf § 10 VOF verwiesen habe, sei weder sachlich gerechtfertigt noch rechtlich haltbar. Denn § 10 Abs. 3 VOF sehe das Losverfahren ausdrücklich als Konfliktlösung vor, wenn die festgelegte Höchstzahl einer Einladung aller gleichrangiger Bewerber entgegenstehe. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf § 10 VOF liege es nahe, eine rechtliche Bindung des AG an die von ihm gewählten Vorgaben (max. sechs Bewerber, ggf. durch Los zu ermitteln) anzunehmen.

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RA Michael Werner

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ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Die Entscheidung ist deshalb von besonderem Interesse, da es mit deutlicher Klarheit feststellt, dass – wenigstens bisher – auch im Bereich von VOF-Verfahren eine grundsätzliche Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien gegeben ist.

Ebenfalls ist zu begrüßen, dass eine vom AG in der Bekanntmachung angegebene Höchstzahl von Bewerbern verbindlich ist und nicht ohne Weiteres vom AG überschritten werden kann. Wenn er die von ihm vorgesehene Höchstzahl überschreiten will, muss er dies den Bewerbern in der Bekanntmachung durch einen entsprechenden Vorbehalt bekannt geben. Ansonsten ist er an seine Angaben in der Bekanntmachung gebunden.

  Quelle: RA Michael Werner


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