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Veränderung der vorgegebenen Bauzeit ist ein Nebenangebot

23.09.2014

Die Vergabekammer (VK) Nordbayern hat mit Beschluss vom 11.06.2014 – 21.VK-3194-12/14 – u.a. Folgendes entschieden

• Unter Nebenangeboten sind Angebote zu verstehen, die in irgendeiner Form vom Hauptangebot abweichen, sei es in technischer Hinsicht durch die Verwendung anderer technischer Lösungen als in der Leistungsbeschreibung vorgegeben, sei es in wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht durch die Formulierung anderer Zahlungsbedingungen oder sonstiger vertraglicher Regelungen. Von Nebenangeboten wird auch gesprochen, wenn die Leistung als solche unverändert angeboten, ihre Ausführung hingegen von anderen als in den Vergabeunterlagen vorgesehenen vertraglichen Bedingungen abhängig gemacht wird, z.B. hinsichtlich Ausführungsfristen. Eine Veränderung der vorgebenden Bauzeit ist ein Nebenangebot.

• Nicht zugelassene Nebenangebote sind nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 e VOB/A-EG auszuschließen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Rohbauarbeiten im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Zuschlagskriterien für das wirtschaftlich günstigste Angebot waren der Preis mit einer Gewichtung von 80 % und die Einhaltung der Ausführungsfrist mit einer Gewichtung von 20 %. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Auf Nachfrage informierte der AG die Bieter, dass der ausgewiesene Fertigstellungstermin einzuhalten sei, um beim Kriterium „Ausführungsfrist“ „Optimierungsvorschläge ggf. zur Unterschreitung der vorgebenden Bauzeit (z.B. Einsatz der Arbeitskolonnen, Geräte etc.)“ gewertet würden. Das Angebot des Bieters A beinhaltete eine Bauzeitverkürzung gegenüber dem geforderten Fertigstellungstermin um 43 Wochentage. Der AG teilte dem A später mit, dass er den Zuschlag nicht erhalte, weil sein Angebot nicht das wirtschaftlichste sei. Nach erfolgloser Rüge gegen die Wertung des Zuschlagskriteriums „Ausführungsfrist“ stellte A Nachprüfungsantrag.

Nach Ansicht der Vergabekammer ohne Erfolg. Nach § 16 Abs. 7 VOB/A dürften bei der Angebotswertung nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt seien. Aus der Bekanntgabe „Einhaltung der Ausführungsfristen“ und dem Informationsschreiben des AG könne ein fachkundiger Bieter erkennen, dass lediglich Optimierungsvorschläge zur Einhaltung der Ausführungsfristen, also Vorschläge zur Sicherstellung der vorgegebenen Bauzeit zugelassen gewesen seien. Dem gegenüber habe A eine Veränderung der vorgegebenen Ausführungsfrist angeboten, die nicht zugelassen sei. Eine Veränderung der vorgebenden Bauzeit sei eine Abweichung von den Festlegungen in den Vergabeunterlagen.

Wegen der Änderung der Fertigstellungsfrist sei das Angebot des A vergaberechtlich als ein nichttechnisches Nebenangebot einzuordnen. Weiterhin definiert die Vergabekammer den Begriff der „Nebenangebote“ – siehe Nr. 1 Entscheidungstenor. Danach sei eine Veränderung der vorgebenden Bauzeit ein Nebenangebot; Nebenangebote seien aber hier ausdrücklich nicht zugelassen gewesen. Nicht zugelassene Nebenangebote seien daher nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 e VOB/A-EG auszuschließen.

Da das Angebot des A schon in der ersten Stufe aus formalen Gründen zwingend auszuschließen sei, fehle dem A ein Rechtschutzbedürfnis bezüglich der wirtschaftlichen Angebotswertung. Es könne daher dem Ergebnis dahinstehen, ob die Punkteverteilung zum Kriterium „Einhaltung der Ausführungsfristen“ vom AG zutreffend angewandt worden sei.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Die Entscheidung ist deshalb von hohem Interesse, als bereits die Veränderung der vorgebenden Bauzeit eine Abweichung von den Festlegungen in den Vergabeunterlagen und damit ein Nebenangebot darstellt. Sind aber Nebenangebote nicht zugelassen, führt dies regelmäßig zum Angebotsausschluss. Insoweit ist allen Bietern zu raten, hier nicht in die Falle zu gehen und durch Veränderungen des Angebotes ein Nebenangebot abzugeben, das Gefahr läuft, ausgeschlossen zu werden.

  Quelle: RA Michael Werner


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