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Vergabegrundsätze gelten auch für den privaten Baukonzessionär

01.06.2012

Das OLG München hat mit Beschluss vom 5. April 2012 - Verg 3/12 - folgendes entschieden:

Ein Baukonzessionär, der für das ihm übertragene Bauvorhaben
an Dritte isolierte Planungsaufträge vergibt, ist öffentlicher Auftraggeber
nach § 98 Nr. 6 GWB.


Bei der Vergabe solcher Planungsleistungen hat der Baukonzessionär die
allgemeinen und grundlegenden Regeln des Vergaberechts zu beachten.

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Der Freistaat Bayern schrieb 2007 eine Baukonzession aus und beauftragte 2008 das Unternehmen B mit der Planung, Errichtung und dem Betrieb eines Gebäudes auf einem Universitätscampus. B lobte einen Realisierungswettbewerb im Wege eines Nichtoffenen Wettbewerbs aus. Eine europaweite Bekanntmachung erfolgte nicht. Der spätere Antragsteller A erhielt den ersten Preis. Im darauf folgenden Verlauf der Auftragsverhandlung forderte B von A mehrere Korrekturen an dessen Planung und entschied letztlich, den im Realisierungswettbewerb Zweitplatzierten zu beauftragen. Daraufhin leitete A ein Nachprüfungsverfahren ein. Die Vergabekammer wies den Antrag mit der Begründung zurück, der Baukonzessionär unterliege nur bei der Vergabe von Bauaufträgen, nicht jedoch bei Planungsleistungen, dem Vergaberecht. Hiergegen wandte sich A an das OLG. Das OLG weist die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück. Hier sei unzweifelhaft und unbestritten eine Baukonzession gegeben. Der Baukonzessionär sei öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 6 GWB, auch wenn er Planungsleistungen unabhängig von Bauleistungen beauftrage. § 98 Nr. 6 GWB enthalte vom Wortlaut her keinerlei Begrenzungen im Hinblick auf die Art der zu vergebenden Aufträge und betreffe vielmehr alle Aufträge, welche der Baukonzessionär seinerseits zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Konzessionsvertrag erbringe, wenn er diejenigen Leistungen, die Gegenstand der Baukonzession seien, nicht selbst erbringe und weiter vergebe. Zu den Verpflichtungen gehöre nach § 99 Abs. 3 GWB auch die Planungsleistung. Weder in der europäischen Vergabe- koordinierungsrichtlinie (2004/18/EG) noch in der Gesetzesbegründung zum Vergaberechtsänderungsgesetz lasse sich eine Einschränkung oder Ausnahme für die Weitervergabe von Planungsleistungen entnehmen. Die VOF finde bei Vergaben von Planungsleistungen durch den Baukonzessionär keine Anwendung, da § 5 VgV keinen Verweis für Auftraggeber nach § 98 Nr. 6 GWB vorsehe. Es könnten aber auch nicht die in § 6 Abs. 1 VgV genannten Vorschriften der VOB/A in Betracht kommen. Zum einen, weil keine Bauleistungen vergeben werden sollten, zum anderen, weil die Vorschriften der VOB/A auf die Vergabe von freiberuflichen Leistungen nicht passten, zumal der Leistungsgegenstand im Voraus nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden könne. Damit scheide auch eine analoge Anwendung der VOL/A aus. Offensichtlich sei das Problem der getrennten Vergabe von Bauleistungen und Planungsleistungen durch Baukonzessionäre bisher nicht ausdrücklich geregelt. Doch bliebe im Oberschwellenbereich jedenfalls die Bindung an die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Vergabe, d. h. zumindest die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Transparenzgebotes. Diese Bindungen gingen nicht über das hinaus, was die VOF fordere. Da hier der Auftraggeber die Anforderungen der VOF beachtet hätte, sei der Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

Anmerkung:
Konkrete Anforderungen an das Verfahren für die Vergabe von Planungsaufträgen durch Baukonzessionäre sind bis heute nicht bekannt. Bisher war man davon ausgegangen, dass der Baukonzessionär nur Bekanntmachungspflichten zu beachten habe. Das OLG stellt nun fest, dass er wenigstens die allgemeinen grundlegenden Regeln des Vergaberechts zu beachten habe.

  Quelle: RA Michael Werner


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