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Verhältnis Gewährleistungsbürgschaft/Mängeleinbehalt

24.03.2022

 

Weist ein Werk Mängel auf, kann der Auftraggeber einen angemessenen Teil des noch offenen Werklohns - in der Regel das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten - einbehalten (§ 641 Abs. 3 BGB) und muss sich nicht auf eine etwaig vorhandene Mängelbürgschaft verweisen lassen. Allerdings darf die Kumulation der Sicherheiten nicht zu einer unangemessenen Übersicherung des Auftraggebers führen. Dies hat das OLG Jena mit Urteil
vom 29.08.2019 (Az.: 1 U 324/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 15.09.2021 (AZ.: VII ZR 210/19) zurückgewiesen.

Der Fall: AN hat für AG ein Einfamilienhaus errichtet und klagt auf Restwerklohn. AG macht Mängel geltend und behält einen Teil der Vergütung ein. AN wendet ein, AG habe bereits eine Mängelsicherheit erhalten, die ausreichend sei. Das Landgericht weist die Klage ab.

Das Urteil: So auch das OLG Düsseldorf. Mit der herrschenden Meinung ist es der Auffassung, das Recht zum Mängeleinbehalt werde grundsätzlich nicht dadurch beschränkt, dass AN auch eine Mängelsicherheit geleistet habe. Das Recht des AG zur Leistungsverweigerung bei Mängeln ist also grundsätzlich unabhängig von der geleisteten Mängelsicherheit. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Kommt es durch die Kumulation des Sicherheitseinbehalts einerseits und der Bürgschaft andererseits zu einer unangemessenen Übersicherung des Bestellers, so ist ein Einbehalt zu bestimmen, der im Einzelfall einerseits die zur Verfügung stehenden Sicherheiten, andererseits die jeweils vorhandenen Mängel berücksichtigt. Jedenfalls verbleibt es bei dem Druckzuschlag (in der Regel das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten) gemäß § 641 Abs. 3 BGB. Dieser diene dazu, den AN dazu anzuhalten, die Mängel auch tatsächlich zu beseitigen. Im vorliegenden Fall hat das OLG Düsseldorf die Klage abgewiesen, denn das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten überstieg auch dann, wenn man den vollen Bürgschaftsbetrag davon abgezogen hätte, den von AN geltend gemachten Restwerklohnanspruch.

Fazit: Der Mängeleinbehalt einerseits und die Mängelsicherheit (in der Regel durch Bürgschaft) andererseits verfolgen unterschiedliche Zwecke, weshalb die Entscheidung des OLG Jena richtig ist. AN steht die vereinbarte Vergütung nur dann vollständig zu, wenn er mangelfrei geleistet hat. Ist dies nicht der Fall, kann AG in der Regel das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten von der Vergütung einbehalten. Dieser sogenannte "Druckzuschlag" hat den Sinn, AN zur Mängelbeseitigung anzuhalten. Die begebene Gewährleistungsbürgschaft dient hingegen dazu, das Insolvenzrisiko des AN, welches AG während der gesamten Gewährleistungsfrist zu tragen hat, abzumildern. Es soll also gerade Mängel absichern, die im Zeitpunkt der Abnahme noch gar nicht festgestellt sind. Deshalb kommt eine Übersicherung des AG im Hinblick auf den Einbehalt einerseits und die Gewährleistungsbürgschaft andererseits ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn deren Kumulation im Einzelfall zu einer unangemessenen Übersicherung des AG führt.

  Quelle: RA Michael Seitz


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