zurück

Verjährung eines Verzugsschadens

11.08.2022

 

Der Anspruch auf Ersatz eines infolge von Verzug eingetretenen Schadens unterliegt der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Er umfasst auch nachträglich eingetretenen Schadensfolgen, sofern sie im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich vorhersehbar waren. Dies hat der BGH mit Urteil vom 19. Mai 2022 (Az.: VII ZR 149/21) entschieden.

Der Fall: AN verpflichtet sich zur schlüsselfertigen Erstellung eines Einfamilienhauses für AG zu einem Pauschalpreis von rund € 160.000,00. Vereinbart ist eine Bauzeit von drei Monaten, die im September 2008 endet, sowie eine Vertragsstrafe in Höhe von maximal 5 % des Pauschalpreises bei Überschreitung. Es kommt zum Streit über Mängel, weshalb AG mehrere Abschlagsrechnungen nicht bezahlt. Daraufhin stellt AN die Arbeiten ein und klagt auf Abschlagszahlungen. Fünf Jahre später wird diese Klage abgewiesen, weil das Haus erhebliche Mängel aufweist. Daraufhin kündigt AN und lässt das Haus von einem Dritten fertigstellen. Im Jahr 2017 klagt er sodann verschiedene Ansprüche ein, so etwa Mietkosten, Einlagerungskosten, Zinskosten sowie Schadensersatz für entgangene Nutzung des Hauses. Außerdem verlangt er die Vertragsstrafe.

Das Urteil: Der BGH weist die Klage ab. Wie bereits die Vorinstanz urteilt der BGH, die Ansprüche seien verjährt. Zwar kämen Mängelansprüche vor Abnahme nicht in Betracht, jedoch sei AN mit seiner Hauptleistungspflicht (mangelfreie Errichtung des Einfamilienhauses) in Verzug geraten. Die von AG geltend gemachten Ansprüche wie etwa Einlagerungskosten, Mietkosten usw. seien Nebenansprüche der Hauptleistungspflicht und verjährten daher zeitgleich mit dem Hauptanspruch. Der Hauptanspruch auf Errichtung des Hauses verjährt in drei Jahren mit Ablauf des Jahres, in dem er entstanden, also fällig geworden ist. Der Anspruch auf Errichtung des Hauses sei gemäß dem Vertrag im September 2008 fällig geworden. Für ihn gelte die 3-jährige Regelverjährungsfrist nach § 195, 199 Abs. 1 BGB, sodass dieser Anspruch spätestens am 31. Dezember 2012 verjährt gewesen sei. Dieses Schicksal teilen auch die vom BGH so eingeordneten Nebenansprüche auf Mietkosten, Einlagerungskosten usw. Gleiches gelte im vorliegenden Fall auch für den Vertragsstrafenanspruch, obwohl dieser nicht das Schicksal des Hauptanspruchs teile. Da jedoch die Fälligkeit des Anspruchs auf Errichtung des Hauses im September 2008 fällig war und die Vertragsstrafe daher bereits vor dem Jahre 2009 vollständig verwirkt gewesen sei, lief auch die Verjährungsfrist für die Vertragsstrafe ab dem 01. Januar 2009 und sei daher am 31. Dezember 2012 abgelaufen. Gleiches gelte schließlich auch, soweit Schäden aus dem Verzug im Zeitpunkt der Fälligkeit zwar noch nicht eingetreten, aber vorhersehbar seien. Einlagerungs- und Mietkosten seien aber bei einer Bauzeitverzögerung nicht ungewöhnlich und daher vorhersehbar gewesen. Sie hätten daher innerhalb der Verjährungsfrist mit einer Feststellungsklage geltend gemacht werden können und müssen. Die Ansprüche auf Schadensersatz und Vertragsstrafe seien daher verjährt, die Revision war also zurückzuweisen.

Fazit: Der Bauunternehmer hat hier Glück gehabt! Der BGH hat mit dieser Entscheidung nämlich eine seit langem bestehende Streitfrage entschieden, die von manchen Oberlandesgerichten bisher durchaus anders entschieden wurde. Bisher war es nämlich streitig, ob der Erfüllungsanspruch und die bei Nichterfüllung dieses Hauptanspruches entstehenden Schadensersatzansprüche innerhalb der 3-jährigen Regelverjährung tatsächlich verjähren. Manche Oberlandesgerichte waren nämlich der Meinung, dies könne nicht sein, da dann die Erfüllungsansprüche vor Abnahme innerhalb einer kürzeren Frist verjähren als die Gewährleistungsansprüche nach Abnahme, die bekanntlich nach dem Gesetz erst nach fünf Jahren verjähren. Mit anderen Worten: Hätte AG die (mangelhaften) Leistungen abgenommen, hätte er möglicherweise noch Mängelgewährleistungsansprüche gehabt und damit - nachdem er die weitere Erfüllung abgelehnt hat - noch Schadensersatz fordern können. Der BGH entscheidet diese Streitfrage nun zugunsten der 3-jährigen Verjährung, und zwar auch für solche Nebenansprüche, die dadurch entstehen, dass der Hauptanspruch (Errichtung des Hauses) nicht erfüllt wird, weil der AN mit der Erfüllung in Verzug gerät.

 

  Quelle: RA Michael Seitz


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare