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Verpreiste Leistung oder Nachtrag?

21.02.2019

von RA Michael Seitz

Macht ein Auftragnehmer eine Nachtragsvergütung geltend, muss er darlegen und beweisen, dass die Mehrleistung, für die er die Vergütung fordert, nicht bereits nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldet ist. Hat er die Leistungsbeschreibung erstellt, so gehen darin enthaltene Widersprüche zu seinen Lasten.

Dies hat das OLG Zweibrücken in einem Urteil vom 28.09.2016 (Az.: 7 U 66/14) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 26.09.2018 (Az.: VII ZR 267/16) zurückgewiesen.

Der Fall: AN unterbreitet AG ein Angebot für die Demontage alter und die Lieferung und Montage neuer Fensterelemente. Später macht AN eine zusätzliche Vergütung für die Lieferung und Montage neuer Fensterbänke geltend. Er habe die alten Fensterbänke entgegen der ursprünglichen Planung nicht wieder verwenden können, weil AG eine bestimmte Positionierung der Rollläden gewünscht und damit einen zurückgesetzten Einbau der Fenster erzwungen habe. Die Fensterbänke seien daher nicht im ursprünglichen Auftragsvolumen enthalten gewesen. AG ist anderer Meinung und zahlt nicht, AN erhebt Klage. In erster Instanz vernimmt das Landgericht zwei Zeugen zu der Frage, ob die Fensterbänke im Angebot des AN enthalten gewesen seien. Die Zeugen widersprechen sich. Das Landgericht sieht daher den Beweis für eine über das ursprüngliche Leistungsverzeichnis hinausgehende Mehrleistung als nicht erbracht an und weist die Klage ab.

Das Urteil: Auch die Berufung des AN gegen dieses Urteil bleibt erfolglos. Das OLG stellt zunächst fest, dass das Angebot nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen sei, also so, wie ein verständiger Besteller es verstehen musste. Diese Auslegung führt zu keinem eindeutigen Ergebnis, denn das Leistungsverzeichnis enthält keinerlei Angaben zu den Fensterbänken. Daraus könne zwar nicht der Schluss gezogen werden, die Fensterbänke seinen im Ursprungsangebot enthalten gewesen. Andererseits seien die Fensterbänke aber auch nicht als zusätzliche Leistung aufgeführt, was in anderen Bereichen des Angebots der Fall gewesen sei. Die vom Landgericht vernommenen Zeugen hätten widersprüchliche Angaben gemacht, und zwar sowohl zu der Frage, wie das Angebot zu verstehen gewesen sei als auch zu der Frage, ob die Weiterverwendung der alten Fensterbänke ursprünglich beabsichtigt gewesen sei. Auf dieser Basis habe das Landgericht sich keine Überzeugung dahingehend bilden können, dass die Fensterbänke zusätzlich zu vergüten gewesen seien. Dies sei nicht zu beanstanden.

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Fazit: Derjenige, dem die Darlegungs- und Beweislast für eine bestimmte Tatsache obliegt, verliert den Prozess, wenn er den Beweis nicht führen kann. So war es auch hier. Dass der Auftragnehmer darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, dass es sich um eine zusätzliche, nicht verpreiste Leistung und damit um einen vergütungspflichtigen Nachtrag handelt, entspricht allgemeiner Ansicht. Da sich im vorliegenden Fall die Zeugen widersprachen, konnte AN das Gericht nicht davon überzeugen, dass es sich um einen Nachtrag handelte. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Fall der Unklarheit einer Ausschreibung zu Lasten des AN geht. Maßgebend ist vielmehr, welche Partei die Leistungsbeschreibung erstellt hat. Das war hier AN. Daher trägt er auch das Formulierungsrisiko, wenn die Leistungsbeschreibung unklar ist. Der Fall hätte hier also durchaus anders ausgehen können, hätte AG (bzw. sein Planer) die Leistungsbeschreibung formuliert und die Fensterbänke „vergessen“.

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