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Verstoß gegen Geheimwettbewerb bei Angeboten auf verschiedene Lose?

13.05.2014

Die Vergabekammer (VK) Sachsen hat mit Beschluss vom 13.12.2013 – 1/SVK/039-13 – Folgendes entschieden:

• Die Möglichkeit der wechselseitigen Kenntnis des Angebots führt dann nicht zu einem Verstoß gegen den Geheimwettbewerb, wenn die Bieter sich auf verschiedene Lose eines Auftrags bewerben.

• Eine wettbewerbsbeschränkende Abrede liegt dann vor, wenn ein Bieter zugunsten eines anderen Bieters auf die Abgabe eines Angebotes insgesamt oder für ein bestimmtes Los verzichtet (sog. Gebietsabsprache). Voraussetzung für den Ausschluss wegen einer wettbewerbsbeschränkenden Abrede ist, dass ein gesicherter Nachweis hierfür existiert. Personelle und organisatorische Verflechtungen können eine solche Gebietsabsprache indizieren.

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte die mehrjährige Erbringung von Dienstleistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes mit nationaler Vergabebekanntmachung ausgeschrieben. Die Ausschreibung erfolgte in insgesamt sechs Losen, wobei die Anzahl der Lose, für die ein Bieter den Zuschlag erhalten konnte, auf zwei begrenzt war. Bieter A gab ein Angebot auf das Los 5 ab. Die X-GmbH, eine Schwestergesellschaft der A, gab ein Angebot zu den Losen 2 und 3 ab. Alleingesellschafter des A sowie der X-GmbH ist jeweils ein eingetragener Verein. Die Korrespondenz bezüglich des Vergabeverfahrens wird über dieselbe Anschrift und dieselbe Faxnummer geführt; zudem handelte derselbe Geschäftsführer. Der AG schloss das Angebot des A mit der Begründung aus, es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs vor. Hiergegen richtet sich der Nachprüfungsantrag des A.

Die VK sieht den Ausschluss des Angebots des A gemäß § 16 Abs. 3 Ziff. f VOL/A als vergaberechtswidrig an. Nach dieser Vorschrift seien Angebote auszuschließen, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben. Davon umfasst seien alle Verhaltensweisen eines Bieters, die mit dem Vergaberecht und dem Wettbewerbsgebot unvereinbar seien (siehe auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12). Eine wettbewerbsbeschränkende Absprache sei in aller Regel schon dann verwirklicht, wenn ein Angebot in Kenntnis der Bedingungen des Konkurrenzangebots, zumindest aber wesentlicher Angebotsgrundlagen, erstellt werde. Hätten sich die Bieter allerdings – wie hier – auf verschiedene Lose beworben, könnte ein möglicher Verstoß gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs keine Wirkung entfalten. Denn A und ihre Schwestergesellschaft befänden sich in Bezug auf das streitgegenständliche Los nicht in einer Konkurrenzsituation, sodass eine mögliche Kenntnis des jeweils anderen Angebotsinhalts unschädlich sei.

Auch sei hier eine als wettbewerbswidrig einzustufende Gebietsabsprache nicht vorliegend. Voraussetzung für eine solche sei, dass ein gesicherter Nachweis existiere, wobei die Anforderungen für hoch anzusetzen seien. Hier bestünden zwar zwischen der A und der X-GmbH personelle und organisatorische Verflechtungen, die eine mögliche Abstimmung indizieren könnten. Die Vermutung sei jedoch widerlegt, da die Bieter ihre Entscheidung zugunsten der jeweiligen Lose plausibel begründet hätten. Es könne hier auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine der Gesellschaft zugunsten der anderen Gesellschaft auf eine Angebotsabgabe in einem Los verzichtet habe.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft

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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Grundsätzlich unterliegen Bieter, die in irgendeiner Weise gesellschaftsrechtlich verbunden sind, immer dem Verdacht, abgestimmt vorzugehen und damit gegen den Geheimwettbewerb zu verstoßen. Wie die oben genannte Entscheidung zeigt, ist dies jedoch kein Automatismus; vielmehr muss im Einzelfall genau geprüft werden, ob tatsächlich eine wettbewerbsbeschränkende Abrede zwischen den verbundenen Unternehmen vorliegt.

  Quelle: RA Michael Werner


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