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Vertrag durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben?

05.02.2015

Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss sich auf vorangegangene Vertragsverhandlungen beziehen, mit denen ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang besteht. Abweichungen von diesen Vertragsverhandlungen sind unschädlich, wenn sie nicht so gravierend sind, dass vernünftigerweise mit einem Einverständnis des Empfängers nicht mehr gerechnet werden kann.

Dies hat das OLG Dresden in einem Urteil vom 31.07.2012 (Az.: 5 U 11 92/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 27.08.2014 (Az.: 7 ZR 235/12) zurückgewiesen.

Der Fall: GU fordert von AN, einem Abbruchunternehmer, ein Angebot für Abbrucharbeiten. Er erhält es am 03.05.2010. Im Juli 2010 telefoniert GU mit dem Kalkulator des AN. Am 07.07.2010 erhält AN ein Schreiben mit der Überschrift „Auftrag“. In den in diesem Schreiben als solche bezeichneten „Preisvereinbarungen“ soll ein Nachlass von 4 % sowie 2 % Skonto gewährt werden. Außerdem soll die aktuelle Fassung der VOB/B Anwendung finden. Davon war in den vorangegangenen Gesprächen nicht die Rede. Am 12.07.2010 findet eine Baubesprechung statt, an der der Bauleiter des AN teilnimmt. Dort wird vereinbart, dass die Arbeiten am 13.07.2010 beginnen sollen. An eben diesem Tag schreibt jedoch AN an GU, er könne den Auftrag zu diesen Konditionen nicht ausführen. GU fordert ihn daraufhin unter Fristsetzung auf, die Arbeiten auszuführen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kündigt er und macht einen Teilbetrag der Mehrkosten in Höhe von 20.000,00 € geltend.

Das Urteil: Vor dem OLG Dresden hat GU Erfolg. Trotz der Überschrift "Auftrag" sieht das OLG in dem Schreiben des GU ein Bestätigungsschreiben, weil es sich auf zuvor getroffene Vereinbarungen (zwischen GU und dem Kalkulator des AN) bezieht. Diese stünden auch im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Gespräch. Auch wichen die einzelnen Vereinbarungen (Nachlass von 4 %, Skonto 2 % und Einbeziehung der VOB/B) nicht soweit von dem zuvor Besprochenen ab, dass GU redlicherweise nicht davon ausgehen durfte, AN sei damit einverstanden. Auch das Schreiben des AN an GU vom 13.07.2010 hält das OLG Dresden nicht für einen unverzüglichen Widerspruch. Der Bauleiter des AN habe nämlich bereits zuvor, am 12.07.2010, an dem Ortstermin teilgenommen. Dort sei als Termin für den Beginn der Arbeiten der 13.07.2010 vereinbart worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe GU davon ausgehen dürfen, dass ein Vertrag zustande gekommen sei. Der Widerspruch des AN sei daher verspätet, er hätte die Arbeiten durchführen müssen.

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Fazit: Die Entscheidung ist in hohem Maße problematisch! Es unterliegt schon Zweifeln, ob es sich bei dem als „Auftrag“ bezeichneten Schreiben des AN vom 07.07.2010 überhaupt um ein Bestätigungsschreiben handelt. Es spricht manches dafür, dass es sich um eine so genannte Auftragsbestätigung handelt, die den Vertrag erst zustande bringen soll, und nicht um ein Bestätigungsschreiben, das das Ergebnis vorangegangener Verhandlungen verbindlich festlegt. Zudem ist es sehr zweifelhaft, ob GU tatsächlich in redlicher Weise davon ausgehen durfte, AN werde mit dem - von dem vorherigen Gespräch abweichenden - 4 %-igen Preisnachlass und dem 2 %-igen Skonto einverstanden sein. Die Margen in der Bauwirtschaft betragen zwischen 4 % und 6 %, daher spricht bereits die Höhe der Abzüge gegen ein Einverständnis des AN. Deshalb spricht allein der Umstand, dass AN seinen Bauleiter auf die Baubesprechung entsandte und dort einen verbindlichen Beginntermin für den folgenden Tag festlegte, für dieses Verständnis des GU.

Das Urteil des OLG Dresden dehnt den Anwendungsbereich des kaufmännischen Bestätigungsschreibens (zu) weit aus. Hierzu neigen Gerichte nicht selten, weil das kaufmännische Bestätigungsschreiben klare (Vertrags-) Verhältnisse schafft. Für den Bauunternehmer gilt, derartige Bestätigungsschreiben stets sofort zu lesen und insbesondere auf „versteckte“ Änderungen zu achten. Manch ein Auftraggeber versucht vor dem Hintergrund der hier beschriebenen Rechtsprechung gerne, für ihn vorteilhafte Änderungen in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben „unterzubringen“. Ist AN nicht einverstanden, so muss er unverzüglich widersprechen. Auch darf er sonst keine Handlungen (wie hier die Teilnahme an der Baustellenbesprechung) unternehmen, die bei AG den Eindruck erwecken, er sei mit dem Vertrag und den Änderungen einverstanden.

  Quelle: RA Michael Seitz


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