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Vertragserfüllungsbürgschaft über 10 Prozent = Übersicherung

09.06.2022

Eine formularmäßig verlangte Vertragserfüllungssicherheit von mehr als 10 % der Auftragssumme, die auch noch Mängelansprüche nach Abnahme sichern soll, führt in AGB zu einer unangemessenen Übersicherung und zur Nichtigkeit der Sicherungsklausel. Das hat das OLG Celle mit Beschluss vom 18.11.2021 1(Az.: 4 U 119/21 entschieden.

Der Fall: Der AG beauftragte den AN mit Montagearbeiten. In den Vertragsbedingungen des AG war eine Klausel enthalten, die den AN verpflichtete, bei Vertragsschluss eine Vertragserfüllungsbürgschaft über 10 % der Auftragssumme zu stellen. Die Vertragserfüllungsbürgschaft sollte gleichzeitig auch der Sicherung der Erfüllung der Mängelansprüche dienen und für die Dauer der vereinbarten Verjährungsfrist für Mängelansprüche gestellt werden. Zusätzlich war in den AGB geregelt, dass Abschlagsrechnungen nur zu 95 % gezahlt werden. Im Zuge des Bauablaufs kündigte der AG den Bauvertrag vor Abnahme und wollte die Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch nehmen. Der Bürge hielt der Inanspruchnahme die Bereicherungseinrede entgegen (§§ 821, 768 BGB). Der AG machte seine Ansprüche aus der Vertragserfüllungsbürgschaft klageweise geltend.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Nachdem das LG Hannover bereits in 1. Instanz die Klage zurückwies, nahm der AG seine Berufung im Berufungsverfahren nach den Hinweisen des OLG Celle zurück. Die Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % mit dem formularmäßigen Bareinbehalt von 5 % von Abschlagsrechnungen ergab eine unangemessene Erfüllungssicherheit von 15 %. Die Gesamtwirkung der beiden Klauseln (10 % Vertragserfüllungsbürgschaft + 5 % Bareinbehalt) führt zur Nichtigkeit beider Klauseln. Es sei nicht Aufgabe des Gerichtes auszusuchen, welche der beiden Klauseln bestehen bleiben soll. Letztendlich verstärkte die Übersicherung noch der Umstand, dass die Vertragserfüllungsbürgschaft über 10 % auch der Sicherung der Mängelansprüche nach Abnahme diente. Das habe ebenfalls die Unwirksamkeit der Sicherungsklausel wegen einer unangemessen hohen Mängelansprüchesicherheit zur Folge.

Fazit: Übersicherung hoch zwei! Die Entscheidung bekräftigt die ständige Rechtsprechung und ist im Ergebnis völlig zutreffend. Die versuchte Knebelei seiner AN fällt dem AG auf die Füße. Eine Vertragserfüllungsbürgschaft sollte insbesondere der Sicherstellung der ordnungsgemäßen und termingerechten Ausführung dienen und darf die 10 %-Hürde nicht überschreiten. Die Gewährleistungsbürgschaft für Mängelansprüche nach der Abnahme darf die 5 %-Hürde nicht überschreiten. Hier galoppierte man förmlich über die 5 %- Hürde, da die Vertragserfüllungsbürgschaft nicht bei der Abnahme zurückzugeben war, sondern auch nach der Abnahme in Höhe von 10 % (angemessen nur 5 %) für Mängel dienen sollte. Getoppt wurde die 10%ige Vertragserfüllungsbürgschaft durch den Bareinbehalt von 5 % auf die Abschlagsrechnungen. Der Bareinbehalt von 5 % soll schließlich auch der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung dienen. Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % plus Bareinbehalt von 5 % führen mit insgesamt 15 % für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Ausführung zu einer unangemessenen Benachteiligung des AN. Im Ergebnis bleibt keine der beiden Klauseln bestehen – der AG kann überhaupt keine Sicherheit verlangen. Somit kann auch der Bürge die Ansprüche abwehren, denn er kann all das einwenden, was auch der AN einwenden könnte.

  Quelle: Marja Schokolowsky


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