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Wann ist Mängelbeseitigung unverhältnismäßig?

03.12.2013

Die Kosten für eine Mängelbeseitigung beim Werkvertrag sind unverhältnismäßig, wenn der mit der Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür geltend gemachten Geldaufwandes steht.

Dies hat der BGH in einem Beschluss vom 18. Juli 2013 (Az.: VII ZR 231/11) entschieden.

Der Fall: AN, ein Bauträger, errichtet zwei Häuser mit jeweils sechs Eigentumswohnungen. Nach der Baubeschreibung ist eine Brennwertheizung geschuldet. Stattdessen baut AN einen Niedrigtemperaturkessel ein. Später verlangen die Eigentümergemeinschaften der beiden Häuser von AN die Kosten für den Austausch der Heizkesselanlage sowie den Ersatz für die Kosten der mehr verbrauchten Energie aus den vergangenen drei Jahren. Im Rahmen des Prozesses wird ein Sachverständiger gehört, der zu dem Ergebnis kommt, dass die jährliche Heizkostenersparnis eines Brennwertheizgeräts zu einem Niedrigtemperaturkessels bei etwa 16 % liege, allerdings eine Brennwertheizanlage mit den vorhandenen Heizkörpern nicht mit der idealen Vorlauftemperatur von 40 Grad, sondern nur mit einer Vorlauftemperatur von 55 Grad betrieben werden könne. Dann aber macht die Einsparung nur noch eine Differenz von 1,5 % aus.

Daraufhin beruft sich der Bauträger auf die Unverhältnismäßigkeit der Kosten für den Austausch der Heizanlage. Sowohl das Landgericht als auch das OLG verurteilen den Bauträger zur Zahlung des Energiemehrverbrauchs und zur Zahlung der Kosten für den Einbau einer Brennwertheizung von 11.000,00 € je Haus. Beide Instanzen begründen dies damit, dass die Differenz von 1,5 % sich auf den Unterschied zwischen dem Betrieb einer Brennwertanlage mit einer Vorlauftemperatur von 40 bzw. 55 Grad beziehe. Die Heizkostenersparnis liege bei 16 %. Dagegen wendet sich AN mit der Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH.

Die Entscheidung: AN hat - teilweise - Erfolg. Hinsichtlich der Kosten für den Energiemehrverbrauch bleibt es bei der Entscheidung des OLG. Hinsichtlich der Verurteilung zur Übertragung der Kosten für den Einbau einer Brennwertheizung hebt der BGH das Urteil hingegen wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs auf. AN hatte nämlich während des Prozesses Beweis dafür angeboten, dass die Differenz zwischen einer Brennwertheizung und einem Niedrigtemperaturkessel nur 1,5 % und nicht 16 % betrage. So sei der Vortrag des Sachverständigen zu verstehen. Dieses Beweisangebot des AN hatten sowohl Landgericht als auch OLG übergangen. Der BGH ist indes der Auffassung, die Vorinstanzen hätten durch Anhörung des Sachverständigen aufklären müssen, worauf sich die Differenz von 1,5 % bei den Energiekosten bezieht. Ergebe sich nämlich tatsächlich gegenüber den beiden Heizungen eine Ersparnis von insgesamt nur 1,5 %, so sei das Verlangen nach Nachbesserung unverhältnismäßig!

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Fazit: Es handelt sich um eine der ganz wenigen Entscheidungen, in denen der BGH eine Nachbesserung gemäß § 635 Abs. 3 BGB für unverhältnismäßig hält. Gleiches gilt gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB auch für den - hier geltend gemachten - Schadensersatzanspruch. Dennoch bleibt es auch nach Auffassung des BGH bei einem Schadensersatzanspruch für den Energiemehrverbrauch. Zudem entscheidet der BGH die Sache nicht abschließend. Er verweist sie vielmehr an das OLG zurück, das nunmehr aufklären muss, ob die Differenz tatsächlich nur 1,5 % (unverhältnismäßig) oder 16 % (dann wohl nicht mehr unverhältnismäßig) beträgt.

Oft meint ein Bauunternehmer vorschnell, Nachbesserungskosten seien unverhältnismäßig. Die Gerichte hingegen legen den § 635 Abs. 3 BGB außerordentlich restriktiv aus und kommen daher nur höchst selten zum Ergebnis der Unverhältnismäßigkeit. Insbesondere ist es ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Mängelbeseitigungskosten schon deshalb unverhältnismäßig sind, weil sie die Höhe des Werklohnes übersteigen. Im Übrigen bleibt es - wie auch der vorliegende Fall anschaulich zeigt - bei einem Schadensersatzanspruch, der sich eben nur nicht auf die Nachbesserung bzw. Neuherstellung des Werkes erstreckt.

  Quelle: RA Michael Seitz


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