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Wann ist die Abnahme entbehrlich?

21.03.2019

von RA Michael Seitz

Die Abnahme ist nicht mehr Fälligkeitsvoraussetzung für den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers, wenn der Auftraggeber nicht mehr die Erfüllung des Vertrages verlangt, sondern lediglich noch auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsrechte geltend macht, denn dann ist ein Abrechnungsverhältnis entstanden.

Dies hat das OLG Brandenburg in einem Urteil vom 08.11.2018 (Az.: 12 U 25/16) entschieden.

Der Fall: AN soll für AG eine Gebäudefassade abdichten. Als AG nach Fertigstellung nicht zahlt, klagt AN ausstehende Vergütung ein. Gegen diesen Anspruch wendet AG unter anderem ein, die Schlussrechnung sei nicht fällig, da er die Leistung nicht abgenommen habe. Die von AN angebotenen Leistungen seien von vorneherein nicht geeignet gewesen, die erstrebte Abdichtung des Gebäudes herbeizuführen. Durch die von AN angebotenen und von AG beauftragten Kantensteine und Zinkabschlussprofile sei die Fassade nicht hinreichend vor Feuchte zu schützen gewesen.

Das Urteil: Trotz der fehlenden Abnahme ist die Schlussrechnung fällig, meint das OLG Brandenburg. Ob AG die Leistungen abgenommen habe, könne offen bleiben, da AG nicht mehr die Erfüllung des Vertrages verlange, sondern lediglich auf Zahlung gerichtete Mängelansprüche geltend mache. Damit sei ein Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien entstanden. AG habe vorgetragen, die von AN angebotenen und ausgeführten Leistungen seien von vornherein zur Abdichtung der Fassade ungeeignet gewesen. Aus dieser Einlassung des AG folgert das OLG Brandenburg, dass er gar keine Nacherfüllung mehr fordere, denn diese sei unmöglich. Daher sei die Abnahme für die Fälligkeit der Schlussrechnung entbehrlich, es sei ein Abrechnungsverhältnis entstanden.

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Fazit: Eine merkwürdige Entscheidung! Dass die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohnanspruch entbehrlich ist, wenn der Auftraggeber nicht mehr Mängelbeseitigung, sondern nur noch Ansprüche in Geld (Ersatzvornahmekosten, Schadensersatz) geltend macht, entspricht allgemeiner Ansicht und ständiger BGH-Rechtsprechung. Zwar ist dies dem Sachverhalt nicht eindeutig zu entnehmen, jedoch ergibt sich aus dem Kontext, dass hier AN aber offenbar sowohl die Planung als auch die Ausführung der Fassade schuldete. Wenn er aber die Planung und Herstellung einer "regendichten" Fassade schuldete, so ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, dass AG die ausgeführte Fassade für ungeeignet hält, dass er noch Geldforderungen geltend macht. Vielmehr erscheint es durchaus möglich, das AN die zur Abdichtung ungeeignete Fassade durch eine dafür geeignete zu ersetzen hat, ggf. durch Neuherstellung. Allerdings bedeutet die hiesige Entscheidung nun keineswegs, das AN nun auch Geld erhält. Im vorliegenden Fall wird seine Berufung deswegen zurückgewiesen, weil offenbar der AG Schadensersatzansprüche aus der mangelhaften Leistung in übersteigender Höhe zustanden.

 

  Quelle: RA Michael Seitz


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