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Wer in bebauter Nachbarschaft baut, muss vorsorgen

19.02.2021

Das einsturzgefährdete Einfamilienhaus im mecklenburgischen Crivitz und die dramatische Evakuierungsaktion der Bewohner und der Nachbarn haben deutlich gemacht, welche Risiken im Baugrund verborgen sein können und welche dramatischen Auswirkungen es haben kann, wenn sie nicht erkannt werden. Private Bauherren, die auf eigenem Grund und Boden bauen, sollten für einen solchen GAU unbedingt vorsorgen, rät der Verband Privater Bauherren (VPB). Das gilt ganz besonders, wenn die Nachbarschaft bereits bebaut ist.

Wichtig ist zum einen eine Bauherrenhaftpflichtversicherung mit einer ausreichend hohen Deckungssumme. Darüber hinaus sollten private Bauherren von der Planungsphase bis zur Bauabnahme mögliche Gefährdungen der Nachbarschaft im Blick haben und alles tun, um sie zu vermeiden. Unabhängige Bausachverständige sind dabei unverzichtbare Helfer.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn etwa für den Kellerbau eine Baugrube ausgehoben und damit möglicherweise die Stabilität der benachbarten Gebäude beeinträchtigt wird. Nach § 909 BGB ist die Vertiefung des Baugrundstückes verboten, wenn dadurch der Boden des Nachbargrundstücks seine Stütze verliert. Dabei legen die Gerichte das Merkmal der Vertiefung weit aus. Es reicht, wenn das Gewicht des Neubaus allein dafür sorgt, dass das Grundstücksniveau sinkt. Auch wenn durch Abpumpen des Grundwassers das Nachbargrundstück instabil wird, liegt so eine Vertiefung vor.

Die Schäden, die durch eine Vertiefung des Baugrundstückes entstehen können, erreichen schnell sechsstellige und noch höhere Beträge. Entsprechend intensiv sind die Auseinandersetzungen. In vielen Fällen landen sie vor Gericht. Aufwändige Gutachten sind nötig, weil viele Fragen zu klären sind. Als Schädiger kommen Bauherren, Bauunternehmer, Planer in Frage. Sie alle könnten etwas getan oder unterlassen haben, das (mit)ursächlich für den Schaden war. Nachbarn nehmen dann manchmal mehrere Personen in Anspruch oder verkünden ihnen wenigstens den Streit. Das kann zu Folgeprozessen führen.

Wie genau können Bauherren beim Bau auf eigenem Grund also abgesehen vom Abschluss einer Versicherung vorsorgen? Zunächst sind entsprechende Bodengutachten nötig, die auch gegebenenfalls nötige Abstützungsmaßnahmen benennen sollten. Aber es kann sich auch mit Gutachten im Laufe der Arbeiten immer noch herausstellen, dass weitere oder andere Maßnahmen zur Abstützung nötig sind. Bauherren müssen dann wenigstens dafür Sorge tragen, dass sich beständig jemand um dieses Thema während Planung und Durchführung der Maßnahmen kümmert, der auch fachlich in der Lage dazu ist. Entsprechend sorgfältig müssen Bauherren Planer und Bauunternehmer auswählen. In vielen Schlüsselfertigbauverträgen, die von den Bauunternehmern gestellt werden, steht dazu nichts. Das Thema sollte daher gesondert angesprochen und verhandelt werden. Grundlage ist das Bodengutachten mit den Absicherungsempfehlungen. Weiter müssen Bauherren während der Durchführung der Arbeiten auch gelegentlich kontrollieren lassen, ob die entsprechend übertragenen Maßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden. Wer erkennt, dass vorgesehene Spundwände an der Nachbargrenze nicht eingezogen werden, kann das nicht übergehen und später im Havariefall einfach auf die Baufirma verweisen.

Manchmal ist eine Schädigung der Nachbarhäuser auch bei sorgfältiger Ausführung der Arbeiten nicht ausgeschlossen. Um für diesen Fall und die dann anstehenden Streitigkeiten über die Höhe von Ausgleichszahlungen gewappnet zu sein, sollte der Zustand der Nachbargebäude vor den Baumaßnahmen und nach deren Abschluss sorgfältig vom eigenen Sachverständigen aufgenommen und dokumentiert werden. Schon hierzu ist ein Gespräch mit den Nachbarn erforderlich, deren Einverständnis ja benötigt wird.

Je nach Baugrund ist unvermeidbar ein Risiko gegeben, dass sich die Baumaßnahme verzögert, umfänglichere Sicherungsmaßnahmen als ursprünglich gedacht nötig werden und trotz aller Sorgfalt für gewisse Schäden an den Nachbargebäuden je nach vorherigem Zustand ganz oder teilweise aufgekommen werden muss. Manchmal können sogar Sicherheitsleistungen für voraussichtliche Schädigungen zu stellen bzw. deren Stellung durch Dritte (Bürgen) zu finanzieren sein. Sowohl in der finanziellen als auch in der zeitlichen Planung sollte dafür ein Puffer vorgesehen werden, so die Empfehlung des Verbandes Privater Bauherren.

  Quelle: www.vpb.de


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