zurück

Wer muss was beweisen?

10.03.2016

Von RA Michael Seitz

Pauschalpreis:

Behauptet der Auftraggeber einen Pauschalpreis, so muss er zunächst im Einzelnen darlegen, mit welchem genauen Inhalt, wann, wo, mit wem und unter welchen Umständen die von ihm behauptete Pauschalpreisvereinbarung zustande gekommen sein soll. Tut er dies nicht, ist dass Pauschalpreisvorbringen zu Gunsten des Auftragnehmers unbeachtlich.

Dies hat das OLG Koblenz in einem Urteil vom 23.09.2015 (Az.: 5 U 212/15) entschieden.

Der Fall: AN erbringt für AG verschiedene Bauleistungen. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Später streiten die Parteien über die Höhe der AN zustehenden Vergütung. Unter anderem rechnet AN einen erstellten Wintergarten nach üblichen Einheitspreisen mit gut 3.500,00 € ab. AG wendet ein, er habe mit AN einen Pauschalpreis vereinbart, der auch die Arbeiten am Wintergarten umfasse, und verweigert deshalb die Bezahlung.

Das Urteil: Zu Unrecht, urteilt das OLG Koblenz! Zwar muss grundsätzlich AN beweisen, dass eine von AG schlüssig behauptete Pauschalpreisvereinbarung nicht getroffen wurde. Das setzt aber voraus, dass AG zu dieser Pauschalpreisvereinbarung auch schlüssig, d. h. im Einzelnen nachvollziehbar und widerspruchsfrei vorträgt. Dazu muss AG darlegen, wann, wo, mit wem, unter welchen Umständen und mit welchem genauen Inhalt er die Pauschalpreisvereinbarung mit AN getroffen haben will. Erst dann muss AN darauf schlüssig erwidern und ggf. das Gegenteil beweisen. Im vorliegenden Fall hatte AG schon nicht ausreichend dazu vorgetragen, welche Arbeiten überhaupt von der Pauschalpreisabrede umfasst sein sollten. Er hat daher die von ihm behauptete Pauschalpreisabrede nicht schlüssig dargelegt und schuldet daher gemäß § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung.

Hauptgeschaeftsfuehrung_Seitz.JPG

Fazit: Grundsätzlich muss AN beweisen, dass eine Pauschalpreisvereinbarung nicht getroffen wurde. Die Führung eines solchen Negativbeweises ist aber schwierig, deshalb nimmt das Gericht hier eine qualifizierte Darlegungslast des AG an, der genau darlegen muss, wann, wo, mit wem und mit welchem Inhalt die Pauschalpreisvereinbarung getroffen wurde, um es AN überhaupt zu ermöglichen, den ihm obliegenden Beweis zu führen. AG ist hier dieser prozessualen Pflicht nicht nachgekommen, daher ist sein Vorbringen unbeachtlich. Die Entscheidung ist sicher richtig und auch zu begrüßen. Dennoch sollte sich kein Unternehmer darauf verlassen, sondern vielmehr Bauverträge stets schriftlich schließen!

  Quelle:


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare