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Wie sieht ein ordentlicher Bedenkenhinweis aus?

07.02.2019

von RA Michael Seitz

Durch den Bedenkenhinweis soll der Auftraggeber in die Lage versetzt werden, die Tragweite seiner Entscheidung zu erkennen, wenn er den Bedenken nicht folgt. Deshalb hat der Hinweis grundsätzlich in der gebotenen Form, zur rechten Zeit, mit der gebotenen Klarheit und gegenüber dem richtigen Adressaten zu erfolgen.

Dies hat das OLG Hamburg in einem Urteil vom 28.09.2018 (Az.: 11 U 128/17) entschieden.

Der Fall: Der Arzt AG beauftragt den Generalunternehmer AN mit einem Praxisausbau. Der Fachplaner Z des Arztes schreibt einen Design-PVC-Bodenbelag aus. Nach Inbetriebnahme der Praxis entstehen auf dem Bodenbelag zahlreiche Druckstellen und Dellen. AG rügt Mängel, die AN zurückweist. Die Dellen beruhten auf dem Nutzungsverhalten des Arztes, insbesondere dem fahrbaren Büromaterial. Im Übrigen habe er – AN – mit der Übergabe eines Produktinformationsblattes dem AG vor Nutzungsbeginn ausdrücklich gesagt, dass der Fußboden nur bei Verwendung weicher Rollen und möglichst nur unter Einsatz von Möbel-filzgleitern genutzt werden solle. GU klagt 54.000,00 Euro Werklohn ein.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Das OLG Hamburg stellt zunächst fest, dass die Dellen und Eindrücke, obwohl es sich lediglich um optische Beeinträchtigungen handelt, einen Mangel darstellen. Auch die Tatsache, dass der Planer des AG den Bodenbelag konkret vorgegeben hat, entlastet AN nicht. Baut ein Auftragnehmer auf der Leistung eines anderen Auftragnehmers auf, so muss er prüfen, ob die Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile als Grundlage für sein Werk taugen. Dies gilt auch in Bezug auf die Planung, also die hiesige Leistung des Fachplaners Z. Erteilt AN – ggf. nach Einholung von Erkundigungen – einen ordnungsgemäßen Hinweis, so wird er von seiner Mängelhaftung frei. Die bloße Übergabe des Produktinformationsblattes stellt dabei jedoch keinen solchen ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis dar. Im Übrigen war hier das Produktinformationsblatt auch erst nach Verlegung des Bodenbelages übergeben worden. Das aber reicht keinesfalls aus, denn Sinn und Zweck des Bedenkenhinweises ist es, AG eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Ist der Boden aber schon verlegt, ist eine solche Entscheidung gar nicht mehr möglich. Dennoch trägt AN den Schaden nicht allein. Vielmehr muss sich AG das Planungsverschulden des Z in Höhe von 50 Prozent anrechnen lassen.

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Fazit: Entgegen weit verbreiteter Auffassung unter Bauunternehmern muss der Unternehmer auch und gerade dann einen Hinweis geben, wenn nach seiner Auffassung die Planung fehlerhaft ist und dazu führen kann, dass sein Werk später Mängel aufweist. Schon deshalb reicht die bloß nachträgliche Übergabe eines Produktinformationsblattes nicht aus, da AG gar nicht mehr die Möglichkeit hat, einen anderen, geeigneteren Boden auszusuchen. Selbst wenn das Produktinformationsblatt als solches ausreichend gewesen wäre, so wäre der Bedenkenhinweis hier dennoch nicht zur rechten Zeit, nämlich verspätet, erteilt worden. Der Bedenkenhinweis muss zudem klar und eindeutig sein, d. h. die möglichen Mängel für den AG verständlich benennen. Schon zu Beweiszwecken sollte der Bedenkenhinweis stets schriftlich erfolgen sowie an den richtigen Adressaten gerichtet sein, also stets an den Bauherrn und nicht etwa an
den Planer.

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