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Wrackpuzzle am Meeresgrund

12.06.2012

Vor Rügen zerlegen Militärtaucher am Ostseeboden einen Sturzkampfbomber aus dem Zweiten Weltkrieg

Von Ralph Sommer

Sassnitz (dapd-lmv). Den Absturz des Sturzkampfbombers (Stuka) in die Ostsee hätte man seinerzeit eigentlich von Sassnitz aus sehen können, so nahe liegt die Unglücksstelle an der Küste. Schon nach knapp 40 Minuten hat der Bundeswehrschlepper "Spiekeroog" am Montag jenes Seegebiet erreicht, in dem in 18 Meter Tiefe das Wrack der aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Junkers 87 liegt. Die Hafenstadt und Rügens Königsstuhl scheinen zum Greifen nahe. Doch über das Schicksal jenes Flugzeugs, das nach fast 70 Jahren nun vom Meeresgrund gehoben wird, ist so gut wie nichts bekannt.An Bord des Schleppers bereiten sich Polizei- und Bundeswehrtaucher auf ihren Arbeitstag vor. Ein kurzes Handzeichen zum Einsatzleiter, dann klettert Militärtaucher Alex Haidacher über die Backbordleiter ins Wasser. Unmittelbar neben dem Schiff zeigen rote Bojen jene Stelle an, an der sich das Wrack im Schlick befindet.

Gefährliche Arbeit für Taucher

Es dauert zwei bis drei Minuten, dann sind Haidacher und sein Tauchpartner am Grundtau in der Tiefe angekommen. Ihnen steht ein 40-minütiger Einsatz im trüben Wasser zwischen gefährlichen Netzen und scharfen Stahltrossen bevor. Wenn ihr Job erledigt ist, haben sie mehrere der störenden Seile gekappt und Platz für Kollegen geschaffen, die dann mit einer sogenannten Hochdrucklanze die mehr als einen halben Meter im Sand steckende Maschine wieder ein Stück freispülen.Insgesamt zehn Teams schickt Einsatzleiter Lutz Wendt an diesem Tag hinunter zum Wrack. Weil das Flugzeug irgendwann einmal von einem Fischerschleppnetz stark beschädigt wurde, kann es nur Stück für Stück geborgen werden. Die Arbeit sei quasi wie ein Puzzle unter Wasser, sagt einer der Taucher. Auch kleinste Teile wie den Kompass und den sogenannten Wendeanzeiger bringen die Taucher ans Tageslicht. An Bord wartet Chefrestaurator Torsten Radtke vom Museumsflugplatz Berlin-Gatow des Militärhistorischen Museums Dresden, um die Funde zu inspizieren.

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Foto: Thomas Häntzschel / dapd

 Motor soll Aufschluss auf Flugauftrag geben

"Vieles ist schlechter erhalten, als wir uns das erhofft hatten", sagt der 40-Jährige. Die Restauration werde wohl bis zu zehn Jahre dauern. "Möglicherweise müssen wir um das Stück für Stück wieder zusammengefügte Flugzeug später zur Stabilisierung sogar eine Art Gerüst bauen." Gänzlich erneuert werden soll die Junkers 87, von der es weltweit nur noch zwei komplett erhaltene Maschinen gibt, ohnehin nicht. Authentizität gehe vor Ästhetik, sagt Museumssprecher Sebastian Bangert. "Wir wollen nicht einfach Technik ausstellen, sondern mit dem Exponat eine Geschichte erzählen."Die Chancen, dass das Rätsel der Stuka vor Sassnitz doch noch gelüftet wird, stehen nicht schlecht. Vor allem der 1,1 Tonnen schwere Motor könnte Aufschluss geben. "Wenn wir den betonharten Schlick schichtweise von dem noch gut erhalten gebliebenen Aggregat lösen, hoffen wir die Motornummer zu finden", sagt Radtke. Daraus ließen sich dann mit ein wenig Glück auch das Geschwader, die Besatzung und ihr Auftrag recherchieren. Auch ein Kappmesser, das die Taucher im Ostseesand fanden und das offenbar dem Piloten oder Copiloten gehört hatte, könnte eine Spur sein.Die Bergungsarbeiten dauern voraussichtlich noch bis Donnerstag. Bis dahin wollen die Spezialisten auch noch die Kanzel und die über acht Meter lange rechte Tragfläche heben.

  Quelle: dapd


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