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Zahlungsanspruch und Leistungsverweigerungsrecht

07.01.2014

Dem Hauptunternehmer steht ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln der Werkleistung des Nachunternehmers grundsätzlich unabhängig davon zu, ob er die gleiche Leistung seinem Besteller versprochen und geleistet hat, und auch unabhängig davon, ob der Besteller ihm zustehende Ansprüche seinerseits geltend macht.

Dies hat der BGH in einem Urteil vom 1. August 2013 (Az.: VII ZR 75/11) entschieden.

Der Fall: Der Insolvenzverwalter eines Nachunternehmers (NU) verlangt restlichen Werklohn für die Errichtung mehrerer Einfamilienhäuser in Höhe von mehr als 200.000,00 €. Der Generalunternehmer GU, für den NU tätig war, beruft sich bei allen Häusern auf die fehlende Abnahme wegen Mängeln der Kellerabdichtung und bei einem Haus darüber hinaus auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer noch nicht errichteten Pergola. Die Mängelansprüche der Erwerber gegen den GU sind ebenso verjährt wie der Anspruch des GU auf von den Erwerbern einbehaltenen Restwerklohn. Das OLG gibt der Klage hinsichtlich des Hauses mit der Pergola nur Zug um Zug gegen Errichtung der Pergola statt, weist die Klage im Übrigen (in Höhe von mehr als 180.000,00 €) als derzeit unbegründet ab.

Das Urteil: Der BGH bestätigt die Auffassung des OLG. Die Verjährung der Mängelansprüche der Erwerber gegen GU hindere diesen nicht daran, die Abnahme wegen Mängeln der Nachunternehmerleistung zu verweigern oder sich auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen. Dass der Erwerber bzw. der jetzige Eigentümer seine Mängelrechte nicht mehr durchsetzen könne, bedeute nämlich nicht, dass das Interesse des GU an der Vertragserfüllung nicht mehr schützenswert sei. Der BGH sieht hierin auch keinen Widerspruch zu seiner Rechtsprechung zum „Vorteilsausgleich“ in der Leistungskette. In dieser sei GU nämlich nur Zwischenglied. Das Ergebnis der Mängelbeseitigung des NU komme nämlich dem Bauherrn zugute, denn nur er ist vom Mangel der Nachunternehmerleistung betroffen. Die wirtschaftliche Einbuße des GU aus einem Mangel richtet sich danach, ob und inwieweit er von seinem Auftraggeber in Anspruch genommen wird. Nur wenn feststehe, dass der GU durch den Mangel keinen wirtschaftlichen Schaden erleidet, stellt die Zuerkennung der fiktiven Mängelbeseitigungskosten als Schaden zur freien Verfügung (des GU) einen ungerechtfertigten Vorteil dar. Beim Leistungsverweigerungsrecht bis zur Mängelbeseitigung sei dies jedoch anders. Die Nachbesserung komme nämlich dem Bauherrn (bzw. dem jetzigen Eigentümer) zugute, sei also kein Vorteil des GU. Ihm verbleibt der Vorteil also nur dann, wenn NU die Nachbesserung nicht vornimmt. Das hat AN aber selbst in der Hand. Das Leistungsverweigerungsrecht entfällt nur, wenn die Nachbesserung unmöglich ist, also insbesondere dann, wenn die jetzigen Eigentümer sie nicht zulassen. Hierauf gab es in dem vom BGH entschiedenen Fall aber keinerlei Hinweise.

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Fazit: Die Entscheidung ist nicht ganz leicht zu verstehen. Letztlich entscheidet der BGH danach, ob dem GU aus einem Mangel ein wirtschaftlicher Nachteil erwächst oder nicht. Hierbei kommt es darauf an, ob und inwieweit er von seinem Auftraggeber wegen des Mangels in Anspruch genommen wird. Wenn feststeht, dass der GU durch den Mangel keinen wirtschaftlichen Schaden erleidet, wäre die Zuerkennung der fiktiven Mängelbeseitigungskosten als Schaden zur freien Verfügung ein ungerechtfertigter Vorteil. Anders liegt es beim Leistungsverweigerungsrecht bis zur Mängelbeseitigung. Die vom NU geschuldete Nachbesserung kommt nämlich nicht dem GU, sondern vielmehr dem Bauherrn bzw. dem jetzigen Eigentümer zugute. Es ist also kein Vorteil des GU, der wirtschaftlich zunächst gar nicht betroffen ist. Ihm verbleibt der Vorteil nur dann, wenn der NU die Nachbesserung nicht vornehmen kann. Deshalb entfällt das Leistungsverweigerungsrecht des GU nur dann, wenn die Nachbesserung unmöglich ist, also insbesondere dann, wenn der jetzige Eigentümer des mangelhaften Bauwerks sie nicht zulässt.

  Quelle: RA Michael Seitz


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