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Zeitplan umgeworfen: Vertragsstrafe entfällt

07.04.2022

Beträgt der Ausführungszeitraum für eine Werkleistung nur zwei Wochen und kommt es während der Ausführung zu nicht vom Auftragnehmer zu vertretenden Verzögerungen, ist der gesamte Zeitplan umgeworfen, eine vereinbarte Vertragsstrafe entfällt dann. Dies hat das OLG München mit Beschluss vom 29.02.2016 (Az.: 28 U 3609/15 Bau) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen (Az.: VII ZR 65/16).

Der Fall: AG macht aus einem mit AN geschlossenen Bauvertrag Vertragsstrafenansprüche geltend. In dem Vertrag war als Beginnzeitpunkt für die Arbeiten "ca. 12.08.2013" vereinbart. Die Fertigstellung war für den 31.08.2013 vorgesehen. Für den Fall, dass AN schuldhaft die Fertigstellungsfrist überschreitet, war eine Vertragsstrafe vereinbart. Der Vertrag wurde erst drei Tage nach dem vorgesehenen Baubeginn, am 15.08.2013, unterzeichnet. Sodann kam es zu von AN nicht zu vertretenden Verzögerungen, u. a. zu Regenfällen während einer gesamten Woche.

Das Urteil: Das OLG München hält die Vertragsstrafe nicht für verfallen und weist die Klage ab. Der gesamte Zeitplan sei durch die Umstände umgeworfen worden, dies sei auch nicht von AN zu vertreten. Die Tatsache, dass es bei einer kurzen Ausführungsdauer von nur etwas mehr als zwei Wochen zu Verzögerungen gekommen sei, die AN nicht zu vertreten habe – nämlich die Unterzeichnung des Vertrages erst nach dem vorgesehenen Beginn sowie der ungünstigen Witterung - sei der gesamte Zeitplan umgeworfen worden. Daher sei die Vertragsstrafe entfallen.

Fazit: Wird der gesamte, im Vertrag vorgesehene Zeitplan für das Bauvorhaben aus Gründen umgeworfen, die von AN nicht zu vertreten sind und bedarf deshalb einer Neuordnung, so entfällt die Vertragsstrafenvereinbarung. Um erneut in Verzug zu geraten, muss der AG sodann mahnen (was meist versäumt wird). Diese Rechtsprechung ist für den Auftragnehmer günstig. Allerdings bedarf es in jedem Einzelfall einer Prüfung, ob die verzögernden Umstände tatsächlich zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bauabwicklung geführt haben. Hierfür können folgende Kriterien maßgeblich sein: Verzögerung ist durch Umstände eingetreten, die AN nicht zu vertreten hat, der AN musste mit diesen Verzögerungen auch nicht rechnen und die Umstände sind im Verhältnis zur vorgesehenen Gesamtbauzeit ihrer Dauer oder Anzahl nach erheblich. Demgemäß wird - umgekehrt - der gesamte Zeitplan nicht umgeworfen und die Vertragsstrafe entfällt nicht, wenn auch unter Berücksichtigung der Verzögerung die Bauzeit neu berechnet werden kann und der Bauzeitenplan durch die hindernden und von AN nicht zu vertretenden Umstände nicht völlig entwertet wird.

  Quelle: RA Michael Seitz


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