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Zu den Voraussetzungen bei Abgabe mehrerer Hauptangebote

29.07.2014

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 29.01.2014 – VK 1-123/13 – Folgendes entschieden:

•  Ein Bieter ist grundsätzlich dazu berechtigt, mehrere Hauptangebote abzugeben.

•  Die Wertbarkeit und damit auch die Zuschlagsfähigkeit mehrerer Hauptangebote ein und desselben Bieters setzen voraus, dass diese jeweils hinreichend differenziert sind, sodass jedem Hauptangebot ein eigener und eindeutiger Erklärungsinhalt beigemessen werden kann. Bei der Abgabe mehrerer Hauptangebote sind deshalb die für Nebenangebote bestehenden Formvorgaben einzuhalten.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Bauleistungen für eine Schleuse europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Bieter A hatte ein Angebot abgegeben und darin eine Vielzahl unterschiedlicher Angaben zu vorgesehenen Fabrikaten und Nachunternehmern gemacht. A hatte in seinem Angebot u.a. ein Bieterangabenverzeichnis mit 35 Seiten beigefügt, Seiten des Leistungsverzeichnisses mehrfach kopiert und unterschiedlich ausgefüllt. Teilweise hatte er an vorgesehenen Stellen auch mehrere Angaben alternativ eingefügt („oder“). Der AG schloss darauf das Angebot wegen widersprüchlicher und unvollständiger Angaben im Bieterverzeichnis aus. A rügte darauf seinen Ausschluss mit dem Hinweis, dass er zulässiger Weise mehrere Hauptangebote abgegeben habe. Es hätte dem AG freigestanden zu wählen, auf welches dieser Hauptangebote der Zuschlag erteilt wird.

Die VK weist den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurück. Das Angebot sei zurecht ausgeschlossen worden, weil der Inhalt des Angebots, bei dem es sich nach Darlegung des A um mehrere Hauptangebote handeln solle, nicht so klar und eindeutig sei, dass es mit einem einfachen „ja“ bezuschlagt werden könne. Wenn gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. b i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EG-VOB/A schon nachträgliche Änderungen am Angebotsinhalt eindeutig und zweifelsfrei sein müssten, gelte dies erst recht für das ursprünglich abgegebene Angebot. Zwar sei ein Bieter grundsätzlich berechtigt, mehrere Hauptangebote abzugeben. Diese seien dann anhand derselben Kriterien zu werten wie die unterschiedlichen Angebote mehrerer Bieter. Die Wertbarkeit und damit die Zuschlagsfähigkeit mehrerer Hauptangebote ein und desselben Bieters setzten allerdings voraus, dass diese hinreichend differenziert seien, sodass jedem Angebot ein eigener und eindeutiger Erklärungsinhalt beigemessen werden könne. Der Inhalt müsse aus sich heraus eindeutig sein. Im Ergebnis müsse damit für Hauptangebote Gleiches gelten, was für Nebenangebote ausdrücklich in § 13 Abs. 3 EG-VOB/A geregelt sei. So seien Nebenangebote an einer bestimmten Stelle aufzuführen, auf besonderer Anlage zu machen und als solche deutlich zu kennzeichnen. Auch unterschiedliche Hauptangebote müssten eindeutig als solche erkennbar und in ihrem Inhalt unzweifelhaft bestimmt und voneinander abgrenzbar sein.

Unerheblich für den Angebotsausschluss des A sei ebenfalls, dass der AG gemäß § 16 Abs. 1 NR. 3 EG-VOB/A verpflichtet sei, fehlende Erklärungen und Nachweise von den betreffenden Bietern nachzuverlangen. Denn das Angebot des A sei nicht unvollständig, sondern bereits von seinem Inhalt her unklar, sodass es gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. b i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EG-VOB/A ausgeschlossen werden müsse. In einem solchen Fall ergebe sich jedoch ausdrücklich aus § 16 Abs. 1 Nr. 3 EG-VOB/A, dass bereits der Anwendungsbereich der Nachforderungspflicht bei unvollständigen Angeboten gar nicht eröffnet sei („Wird das Angebot nicht entsprechend der Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen….“).

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Grundsätzlich ist die Abgabe mehrerer Hauptangebote – gerade im Falle, dass Nebenangebote nicht zugelassen sind – ein probates Mittel, die Zuschlagschancen zu erhöhen. Die Hauptangebote ein und desselben Bieters müssen jedoch so klar und eindeutig formuliert sein wie das Hauptangebot eines anderen Bieters. Letztlich muss es dem AG möglich sein, jedes dieser Hauptangebote mit einem einfachen „ja“ anzunehmen.

  Quelle: RA Michael Werner


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